Dienstag, 5. Juni 2012

And on the 6th day...


                                                      

Alles hat ein Ende, auch ein Schuljahr in England. Und erst recht ein Blog über ein Schuljahr in England. Daher ist dies der letzte Eintrag und leicht melancholisch berichte ich über meine Abenteuer der letzten 8 Wochen hier auf der Insel. Logischerweise habe ich mir die Highlights für den Schluss aufgespart und ich will ja nicht zu viel verraten, aber die Queen war in Manchester, Zach Braff war in London, ich war in Stoke-on-Trent, die meisten waren in Schottland und Babsi Brugger war überall.

Aber alles schön der Reihe nach. First things first: Die Königin! Jetzt denkt man natürlich, die Queen zu sehen war es schon mal wert ihren Untertanen 8 Monate lang ein paar Brocken Deutsch beizubringen. Falsch. Da ich aber meinen freien Tag und die Wäsche für diese Woche schon erledigt hatte, ließ ich mich dazu überreden die Lizzy samt Gemahl mal von der Nähe zu bestaunen. Grundsätzlich muss ich aber festhalten, dass, wenn ich eine alte Dame im rosa Mantel sehen will, ich mir auch die Wiederholung von den Golden Girls im Fernsehen anschauen kann. Und dies ohne von tausenden Menschen erdrückt zu werden. Doch scheinbar liefen gerade die Golden Girls im TV, weil anders ist eigentlich nicht zu erklären, warum bei dem Museum, wo die gute Dame kurz vorbeischaute, nur eine Handvoll Monarchisten mit Fahnen und Fotoapparaten bewaffnet Her Majesty sehen und zum 60. Bühnenjubiläum gratulieren wollten. Und das, wobei das in ihrem Alter ja wahrscheinlich schon ihre Abschiedstournee war. An dieser Stelle würde sich natürlich ein billiges Scherzchen anbieten, im Sinne, dass ich enttäuscht war, weil sie nicht „Radio Gaga“ gesungen hat, aber das sparen wir uns. Gut, zumindest kann ich „Von einer alten Dame im rosa Mantel zuwinken lassen“ von meiner To-Do-Liste streichen. Ist ja auch etwas.
  
Dann waren zunächst mal Osterferien und Fred, Patricia und ich machten uns auf den Weg in den Norden. Und man muss sagen, Schottland zeigte sich wirklich von seiner vielfältigsten Sorte, also wettertechnisch. Wolken, Sonne, Regen, Schnee, Wind – alles dabei. Landschaftlich ist Schottland wirklich schön, ein Loch neben dem anderen, Highlands links und rechts, massenhaft Schlösser und überall Schafe und Menschen in Kilts. Die Menschen, nicht die Schafe. Und wenn man denkt in Nordirland gibt es viele Rothaarige, dann muss man mal nach Schottland. Unglaublich. Fast so viele wie kiltlose Schafe. Unsere Reise führte uns von Glasgow über Loch Lochmond und Oban nach Fort Williams. Dann weiter auf die Isle auf Skye, wo unsere liebe Spanierin zum ersten Mal in ihrem Leben Schnee gesehen hat und neben der Freude darüber auch gleich wieder umkehren wollte, weil die Straße ihrer Meinung nach nicht mehr passierbar war. Aber eine südspanische Expertenmeinung zum Thema Schnee hat ungefähr so viel Gewicht, wie wenn Karl-Heinz Grasser über Moral in der Politik spricht. Also ging die Reise munter weiter zur Black Isle, welche weder schwarz noch eine Insel ist. Inverness und Aberdeen waren weitere Stops. Auch in der Universitätsstadt St. Andrews haben wir kurz gehalten, um zu sehen, ob die Romantik, die Kate und William hier zusammengeführt hat, auch uns bezaubert. Tat sie nicht. Nett war es trotzdem. Endpunkt war dann Edinburgh und das ist definitiv eine Reise wert. Die ganze Zeit über haben wir in Hostels übernachtet. Und so gern ich auch in eiskalten Räumen neben 7 wildfremden Menschen aufwache; einen religiösen Litauer, eine Handvoll lärmende Deutsche und eine Harry-Potter Fanatikerin aus Oklahoma inklusive Harry-Potter Fan Musik später kann ich getrost sagen: eine Woche ist dann auch genug. Witzig war für mich aber immer den Konversationen der deutschen Mädels in den Hostels zuzuhören, die aufgrund meiner Gespräche mit Fred und Patricia auf Englisch annahmen, dass ich wohl kein Deutsch spreche und sich in Sicherheit wiegten, wenn sie über Männer allgemein und ihre Freunde und ihr Sexleben im Speziellen plauderten. So kann man sich täuschen. Aber auch diese Reise ging zu Ende…

Ich, Babsi und Zach
…doch die nächste ließ nicht lange auf sich warten. Da ich ja so gut wie noch nie in London war, bin ich dann noch schnell für ein fünftes Wochenende in die Hauptstadt. Und nachdem ich die Elternschaft abgeholt und ein bisschen herumgeführt hatte, habe ich sie mitten in der Stadt stehen lassen und bin schnurstracks ins Duke of York Theater. Wie man ja mittlerweise feststellt hat, reise ich ja nirgends hin, wo nicht auch die Frau Brugger zugegen ist. Also auch dieses Mal, um das Zach Braff Theaterstück „All New People“ zu sehen. Und am Ende gab’s dann das legendäre Aufeinandertreffen mit Zach selber! Yippie! Im Anschluss trafen wir dann noch Anna, eine weitere österreichische Assistentin in London, und dann ging’s ab zu einer Party bei Leuten, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe und wahrscheinlich auch nie wieder sehen werde. Aber eins kann ich sagen: das war schon sehr genial. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch noch meinen persönlichen Personen-pro-Bett Rekord auf 4 erhöht. Samstag wurde viel geschlafen, man war etwas müde, aber auch ein bisschen Sightseeing, Abendessen in einem bayrischen Bierlokal und dann hatte ich zum ersten Mal in London einen ruhigen Abend. Wusste gar nicht, dass so was möglich ist! Einen nüchternen Sonntag (auch das war eine Premiere in London) noch gemütlich über die Runden gebracht, die schlechteste carrot cake der Welt gegessen, ein letztes Mal beim Sherlock vorbei geschaut und dann ab nach Manchester.

Irgendwann im Bus nach Haus...
Dann hatte ich noch ein letztes Mal Gäste, die irischen Mädels haben den Gegenbesuch aus Belfast angetreten inklusive Standard-Sightseeing Tour und abendliche Parties in diversen Etablissements. Ich habe sogar gekocht, manche Gäste wussten die lukullischen Genüsse, die ich vorbereitet hatte, aber nicht zu würdigen und haben Nudeln mit Olivenöl oder Pesto oder was weiß ich gespeist. Undankbare Gäste. Arne hatte Geburtstag und unter anderem die unfreundlichste Deutsche, die ich in meinem ganzen Leben getroffen habe, eingeladen. Und sie fand meine Witze nicht lustig. Das sagt ja wohl alles! Ich bin ja mittlerweile in England viele Arten der Zurückweisung gewohnt, aber meine Witze!?! Da hört sich der Spaß natürlich auf! Dann wollten wir abends beim Nachhauskommen noch schnell in die Wohnung unter uns, da ich aber nach ca. 1 Minute gemerkt habe, dass ich die falsche Tür aufsperren wollte, konnte ein böses Ende an diesem Abend gerade noch verhindert werden. Und wer war schuld? Die Essensverweigerin natürlich. Sonntag wurde dann noch gemeinsam die erste Hälfte des Entscheidungsspiels gemeinsam in einem Pub geguckt, die verrückte zweite Hälfte hab ich mir dann alleine angesehen, weil die Damen schlauerweise ihren Zug nach Liverpool genau um die Uhrzeit gebucht haben. Was die da verpasst haben, unglaublich. Erwachsene Männer mit Tränen in den Augen, weil sie die Meisterschaft für Manchester City wieder den Bach runtergehen sehen und dann die völlige Ekstase als es in der buchstäblich letzten Minute doch noch klappt. Ich hab mir mit Vladimir auch noch die Parade der Mannschaft durch die Stadt angesehen am nächsten Tag. 1½ Stunden warten um 1½ Minuten lang winkende Fußballer zu sehen. Irgendwie sind alle meine Winkereignisse in Manchester nicht der Hammer. Wobei meine Fensterwinknachbarin mich mittlerweile nun auch in meinem Schlafzimmer beim Ankleiden beobachtet, am Ende wird das vielleicht doch noch was mit uns?

Babsi und Botanical Garden, Sheffield
Dann sollte ich vielleicht noch zwei kurze Trips in die Umgebung erwähnen. Ein Ausflug brachte mich nach Sheffield, besser gesagt in den Botanischen Garten von Sheffield. Sonst habe ich nichts gesehen, weil die Frau Brugger (hab ich nicht gesagt, die ist überall!!) mich vom Bahnhof abholte, mir einen Gebäude zeigte, welches aussieht wie eine Käsereibe, und dann sofort in den oben erwähnten Garten lotste. Wegen dem schönen Wetter war’s. Jedenfalls kann ich sonst nichts zu Sheffield sagen. Wird schon nett sein. Besser wie Stoke-on-Trent. Wobei man natürlich sagen muss, alles ist besser wie Stoke-on-Trent. Da stellt sich natürlich die Frage, warum ich überhaupt dort hingefahren bin, wenn es so schrecklich ist?! Nun, Vladimir hat ein bisschen im Internet recherchiert, was es so alles in der Nähe gibt und nachdem Robbie Williams in Stoke-on-Trent geboren und aufgewachsen ist und die Stadt noch dazu berühmt ist für seine Töpferwaren, hat der mutmaßliche Keramik- und Take That-Fan Vladimir entschieden, dass der Ausflug dahin gehen soll. Dort angekommen, haben wir schnell herausgefunden, dass Robbie Williams aus gutem Grund die Stadt verlassen hat und der Grund dafür war sicherlich nicht, dass die lokale Tonwarenproduktion überraschenderweise irgendwie an Bedeutung verloren hat. Nein, der Grund für seine Flucht war, dass Stoke-on-Trent einfach die trostloseste und hässlichste Stadt von Großbritannien ist. Ach was sag ich, der Welt! Ein Haus hässlicher als das andere, alle Geschäfte entweder hässlich oder wegen Konkurs zugesperrt, meistens beides. Restaurants, Pubs: hässlich und zu. Stoke ist so trostlos, selbst Clowns kriegen hier Depressionen. Die Selbstmordrate liegt bei circa 98 Prozent. Und verurteilte Verbrecher, die wählen können zwischen Gefängnis oder Urlaub in Stoke, wählen ohne zu überlegen den Knast (fragt mich bitte nicht, warum man verurteilten Verbrechern diese Wahl gibt, ich weiß es nicht…). Nur Menschen, die in Stoke geboren wurden, sind gesetzlich verpflichtet bis zu ihrem 18. Lebensjahr hier zu bleiben. Mit 18 sind dann alle weg. Es leben nur Teenager in rosa Jogginghosen und Menschen über 80 in Stoke. Hässliche Menschen, die nirgendwo sonst hinpassen. Ein Bild des Grauens. Es gibt keine Tiere hier und kaum Planzen. „As ugly as Stoke“ ist eine der schlimmsten Beleidigungen, die man jemandem hier in England an den Kopf werfen kann. Ja, so könnte ich immer weiter machen, ein Superlativ des Schreckens würde dem nächsten folgen, aber wir wollen uns doch wieder angenehmeren Dingen des Lebens zuwenden.
Das ist NICHT Stoke-on Trent!!
Ich, David, Vladimir und Jamie Oliver
Da die Schilderungen von Stoke-on-Trent sehr detailreich war, muss ich das Ganze jetzt aber ein bisschen abkürzen und leider absolut großartige und witzige Anekdoten auslassen. Zum Beispiel wie ich nur in Unterhosen gekleidet die Vorausscheidung zur Miss World in Manchester moderiert habe, wie ich versehentlich die englische Meisterschaft im Pfahlsitzen gewonnen habe oder wie ich mit einem Origami-Flamingo, einem Gummiringerl und 2 Schoko-Osterhasen die olympische Fackel wieder zum Brennen gebracht habe. Das waren Sachen…eijeijei! In der zweiten „Extended Version“ des Blogs sind diese Schmankerl plus extra Fotomaterial natürlich drinnen. Also, Kurzfasssung der anderen Highlights: Ich war mit David und Teddy in Hebden Bridge (netter Ort außerhalb Manchesters); ich war dreimal mit Lehrern essen, es gab ein weiteres österreichisches Dinner und ein auch ein französisches; Patricias 30.Geburtstag wurde gebührend gefeiert; ich hätte fast bei einem Mädl aus Leeds Erfolg gehabt (David meinte ja übrigens auch am Tag meiner Abreise wörtlich „England has lost a Casanova!“, aber irgendwie werd ich das Gefühl nicht los, dass da Ironie im Spiel ist); ich war auch bei der Geburtstagsfeier einer Lehrerin eingeladen (dieses Mal ohne das Geburtstagskind mit einem Strudel bestechen zu müssen); es gab ein Fondue in David’s Wohnung; der Strom in unserer Wohnung ist abends ausgefallen; ich habe sehr gut in Jamie Oliver’s neuem Restaurant gegessen und wurde in der anschließenden Taxifahrt von einer fast 50-jährigen Freundin Davids angebraten (da gehe ich jetzt nicht weiter darauf ein, die Erinnerung daran ist einfach zu schmerzhaft); wir hatten jedes Mal Spaß im Konferenzzimmer, wenn ich „Mozart balls“ mitgebracht habe; meine Wohnungsnachbarn hatten lautstarken Geschlechtsverkehr (nicht die Winkerin natürlich, das würde sie mir nie antun) und beim Pub Quiz haben wir ergebnistechnisch teilweise stark nachgelassen, sprich letzter Platz. Beim ersten Mal haben sich die beiden Moderatoren noch bei uns entschuldigt, weil so viele Fragen englandspezifisch waren, beim zweiten Mal war ihnen klar, dass die Allgemeinbildung auch in der kontinentaleuropäischen Bildungspolitik ein Sorgenkind ist.

Wir sind stabil gebaut!!
Apropos Bildung. Noch ein letztes Mal möchte ich über die Schule und den Unterricht berichten. Ich habe ja bereits einmal angedeutet, dass ich mich selbst unsterblich gemacht habe und mein Name für immer mit den glorreichen Erfolgen des Year 7 Fußballteams der Audenshaw Schule verbunden ist. Und das kam so: Vor den Weihnachtsferien habe ich ja den Burschen fleißig das Kicken beigebracht, aber danach gab es einfach zu viele Differenzen zwischen mir und dem Trainer über Aufstellung, Taktik und Spielergehälter. Also war ich danach nicht mehr bei den Trainings dabei, was sofort dazu geführt hat, dass sich die Jungs noch viel mehr angestrengt haben als üblich und die englische Meisterschaft in dieser Altersklasse gewonnen haben. Ich bin mir sicher, dass die Burschen den Titel inoffiziell mir gewidmet haben. Ehre, wem Ehre gebührt.          
In meiner Tätigkeit als Assistent waren in letzter Zeit etliche Vorbereitungen auf schriftliche und mündliche Prüfungen mitzuerleben, was bedeutet, dass die Schüler alles vorschreiben, 40 Wörter auf ein Formular notieren dürfen und dann mithilfe dieses offiziellen Schummelzettels das auswendig Gelernte wieder zu reproduzieren versuchen. Man muss hier kein Pädagoge oder Linguist sein um zu erkennen, dass das so natürlich nichts mit dem eigenständigen, flexiblen, interaktiven und selbstbewussten Verwenden einer Fremdsprache wird. Aber beim Memory Spielen am Smartboard sind sie wirklich einsame spitze! Da kann man ihnen nichts vormachen!
Wenn wir schon dabei sind, machen wir doch weiter mit den alltäglichen Erfahrungen eines Deutschassistenten. Interessant habe ich gefunden, dass es englischen Schülern unmöglich ist, sich vorzustellen, dass das Klo ein eigener Raum sein kann. Hier gilt: Klo ist immer im Badezimmer. Punkt. Der Grund hierfür. Fragezeichen.
Meine einzige Maturantin Amy
Zuletzt noch schnell die Kategorie „Unsinnige Sätze, die ein englischer Schüler lernen muss und sogar im unwahrscheinlichen Fall, dass er sich irgendwann tatsächlich einmal im deutschsprachigen Raum befindet unter Garantie nicht verwenden wird“:
1. Die Ohrringe sind für die Ohren. 
2. Das Wetter verändert sich.
3. Ich habe zwei Beine.         
Und mein absoluter Favorit: 
4. Ich bin stabil gebaut.
Wie dürfte man sich denn so eine Situation vorstellen, in der man diese Phrasen braucht? …
An einem äußerst wechselhaften Apriltag steht ein Engländer, nennen wir ihn einfach John, vor einem deutschen Mädel, vielleicht eine Hildgard, das verzweifelt versucht ihre Ohrringe in die Nase zu stopfen. Der nette Herr aus England nähert sich der Hilfesuchenden, nimmt die Ohrringe und, während er mit Gesten anzeigt, was zu tun ist, verkündet er wissend: „Die Ohrringe sind für die Ohren.“ Daraufhin ist das Mädchen natürlich sehr dankbar und möchte ihn auf einen Tee mit Scones einladen, weil sie natürlich weiß, dass dies die Lieblingsjause der Briten ist. Aber irgendwie können sie sich nicht entscheiden, ob sie drinnen im Lokal oder draußen auf der Terrasse sitzen sollen, weil es doch so wechselhaft ist und auf Hildegards Frage, was denn heute mit dem Wetter los ist, kann die einzige richtige Antwort nur sein: „Das Wetter verändert sich.“ Völlig entzückt von all dieser Weisheit sieht das Mädchen dann noch, wie der nette John versucht den massiven Holztisch im Lokal zurechtzurücken. Und als Hildegard ausruft „Vorsicht, der Tisch ist stabil gebaut!“, da kann der junge Mann aus England nur milde lächeln und antworten „Nein, ICH bin stabil gebaut!“ und schiebt den Tisch an die bereits völlig Hin-und-weg-seiende heran. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch jetzt in einem Haus mit einem getrennten Bad und Klo! („Ich habe zwei Beine!“ konnte ich beim besten Willen nicht in der Geschichte unterbringen…)
Was habe ich sonst noch in der Schule gemacht? Nun, ich habe drei Wahnsinns-Powerpoint-Präsentationen zum Thema EU vorbereitet. Da sind so viele Informationen drinnen enthalten, selbst Kommissionspräsident José Barroso würde da mit offenem Mund staunend zuschauen und „Quê? Incrível!“ stammeln (wofür er natürlich zwischenzeitlich wieder den Mund schließen müsste). Dann hatte ich eine kleine Auseinandersetzung mit einem Burschen, der nicht arbeiten, sondern lieber seinen Mitschüler ärgern wollte. Woraufhin ich meine ganze Kompetenz und Autorität eingesetzt habe und ihm wissen ließ, wenn er nicht weiterarbeitet, dann…dann…ähm, ja…dann sage ich es der Lehrerin. Was ihn ein müdes Lächeln kostete und er nur meinte, dass ich mich sicher nicht traue, es der Lehrerin zu sagen. Ha, der kannte mich aber schlecht. Petzen ist meine Spezialität. Und als die Lehrerin dann mit ihm fertig war, hat er so brav gearbeitet und geschrieben wie noch nie in seinem noch kurzen Leben zuvor. Ja ja, da habe ich wieder pädagogisch einwandfrei und quasi im Alleingang ein verlorenes Schaf auf den rechten Weg geführt.
Sandra, Margaret und Kim
Am letzten Tag habe ich dann für die LehrerkollegInnen wieder einen meiner mittlerweile berühmten Apfelstrudel gemacht und von den Deutschkolleginnen habe ich ein paar nette Abschiedsgeschenke bekommen. Darüber hinaus habe ich erfahren, dass es an der Schule erst vor kurzem einen Skandal gab, welcher eine Lehrerin, einen 15-jährigen Schüler und eine Affäre beinhaltet hat. Davon stand natürlich nichts in dem Brief, den ich vor genau einem Jahr bekommen habe und in dem mir das Angebot gemacht wurde, dass ich in Audenshaw Fremdsprachenassistent sein könnte. Und im Schulfolder mit den hübschen Bildern, den ich ebenfalls vorher zugeschickt bekam, war interessanterweise auch gar nichts zu lesen davon, dass vor 3 Jahren zwei Burschen die Schule in die Luft sprengen wollten, was ebenfalls die mediale und polizeiliche Aufmerksamkeit auf die Schule lenkte.
Aber, tja, jetzt ist es wieder vorbei. 8 Monate sind um, 8 sehr schöne Monate und in diesem Sinne sage ich „Bye bye, Manchester and I’ll hopefully see you again…“

Sonntag, 15. April 2012

Hundstage

Anschnallen. Festhalten. Bereit für Stimmung, Spaß und gute Laune? Für Abenteuer epochalen Ausmaßes? Hier kommt der ereignisreichste Eintrag in meinen Blog seit langem. Ach, was sag ich. Mein bester Blog-Eintrag überhaupt. Ich will natürlich keine zu hohen Erwartungen schüren, aber ehrlich: Dieses Mal wird meine Badewanne und Wassermangel oder Wasserüberschuss in keinem einzigen Satz erwähnt. Es gibt keine Tripleflugbuchungen und keine Friseurbesuche. Dieses Mal jagt wirklich ein Highlight das nächste. Gags am laufenden Band und es gibt sowohl Tiere als auch internationale Gäste: von der Insel, vom Festland und ich selber reise ins exotische Nordirland. Wer sich am Ende dieses Eintrags nicht in völliger Ekstase befindet, sollte schleunigst seine Antidepressiva höher dosieren. Was jetzt kommt, ist nämlich ein Höhepunkt ungeahnten literarischen Ausmaßes. Ein Leckerbissen der abendländischen Hochkultur. Superlative versagen beim Beschreiben der nächsten Zeilen…

…daher ohne weiteres Hinauszögern:


Episode 1: Der Hundezahn aus der Hölle

Fallowfield: Etwas außerhalb des pulsierenden Herzens Manchesters liegt ein kleines Viertel, welches für mich zur Heimat im fernen Britannien wurde. Ein Bezirk, in dem Studenten, junge Familien und Menschen mit Migrationshintergrund die Vorzüge der Stadt inmitten des spröden Charmes eines Vororts genießen können. Das bedeutet hier in England, dass jedes Haus gleich aussieht (rote Ziegel, einen kleinen, ungepflegten Vorgarten, Wäsche im Hof hintern Haus, usw…) und dass kleine Eckgeschäfte, Pizzashops und Friseurläden die Straßenzüge prägen. Manchmal sind es mehr Eckgeschäfte, manchmal mehr Friseurläden. Inmitten dieses Trubels wohnen Caroline und ich in unserem Wohnblock in einem Idyll der Ruhe und des Friedens, einer Oase der Harmonie, ja ich würde fast sagen, einem Paradies für Körper und Seele. Abgesehen natürlich vom ohrenbetäubenden Lärm der Kinder von der Volksschule gegenüber und den Messerstechereien im nahe liegenden Park. Zu diesen Attraktionen hatte sich nun ein neuer Mitbewohner dazugesellt. Vor über einem Monat konnte man plötzlich ein Winseln aus der Wohnung unter uns vernehmen. Dieses Winseln wurde langsam zu einem Kläffen bis es schließlich zu einem lautstarken Bellen heranwuchs und uns klar wurde: unsere lieben Nachbarn haben ein neues Haustier. Worum es sich handelt, konnte jedoch nicht einwandfrei geklärt werden. Es sieht aus wie ein Hund, ähnlich einem Golden Retriever, aber er ist schneeweiß und ernährt sich von Kühen oder anderen Tieren derartigen Körpervolumens. Woher weiß ich das alles? Nun, ES lebt meistens in der Wohnung, aber manchmal hält es sich auch auf dem 1 mal 3 Meter großen Balkon auf und die zerstückelten Stofftiere lassen nichts Gutes ahnen. Und die auf dem Balkon herumliegenden Oberschenkelknochen haben Dimensionen, die ich das letzte Mal im naturhistorischen Museum in Manchester in der Dinosaurier-Abteilung gesehen habe. Caroline meinte am Beginn scherzhaft, dass es wohl ein Eisbär sein dürfte. Wenn sie jetzt an der Wohnung oder dem Balkon leise vorbei schleicht, ist jedoch kein Lächeln mehr auf ihrem Gesicht erkennbar. Alles, was sich bewegt, wird angeknurrt und mit gefletschten Zähnen zu einer erhöhten Geschwindigkeit angespornt. Unsere Nachbarn fühlten sich bestimmt sehr sicher, der Rest des Häuserblocks lebte in Angst und Schrecken. Eines schönen Tages war jedoch ein Briefchen im Postkasten, in welchem uns erklärt wurde, dass der Vermieter unter uns nicht wusste, dass Hunde in unserem Wohnblock verboten sind und dass versucht wird im nächsten Monat einen neuen Platz für das Tier zu finden. Und man solle doch bitte den Lärm entschuldigen, aber der Arme zahnt gerade. Am nächsten Tag ist wieder ein Schreiben im Kasten. Dieses Mal von einem besorgten Nachbarn. Wortlaut in etwa: „Das nette tschechische Ehepaar mit dem allerliebsten Tier soll doch bitte die Möglichkeit bekommen im Wohnblock bleiben zu dürfen und wer das auch denkt, soll doch bitte die Petition „Rettet das Monstertier in Tür 8“ unterschreiben.“ Oder so ähnlich. Jedenfalls dürften nicht viele Bewohner aus Block 6 einen „Ich bremse auch für Tiere“-Aufkleber am Auto haben, denn schon bald war die Wohnung leer und Tschechen sowie Untier gehörten der Vergangenheit an. Traurig, traurig. Aber mich und Caroline interessiert das nicht so sehr, weil wir ja ohnehin bald ausziehen….Und Fallowfield bedeutet übersetzt übrigens ungefähr soviel wie Brachacker.


Episode 2: Ein Kommen und Gehen

Zuerst war mal die Babsi da. Da ich noch nie Gäste hatte, waren meine Erfahrungen als Tourguide etwas beschränkt und meine Anekdoten über Liam Gallagher und Eric Cantona etwas eingerostet. Nichtsdestotrotz habe ich ihr alle Sehenswürdigkeiten Manchesters gezeigt. Unter anderem das zweitkleinste Pub der Stadt. Das kleinste Pub Manchesters ist nämlich natürlich eine Touristenfalle, wo ich nie im Leben meine Gäste hinbringen würde. Dass das kleinste Pub der Stadt 20 Meter neben dem zweitkleinsten Pub Manchesters liegt und wir es übersehen haben, ist sicherlich nicht der Grund dafür. Nach diesen Stunden des intensiven Eroberns der Stadt war Karaoke und abendliche Tanzunterhaltung in einer Disko angesagt. Dort traf man die Haute-voilée von Manchester inklusive eines halbnackten Menschen mit Unterhose auf dem Kopf. Ja ja, ich verkehre nur in den besten und coolsten Clubs. Beim Gehen habe ich dann noch einen Schal mitgenommen, in der fixen Überzeugung, dass dieser der Patricia gehört. Dem war nicht so. Als ich am nächsten Tag den Schal vorbildlich zur Bar zurückbrachte, zeigte mir der Kellner, was der Ausdruck „I don’t give a fuck“ bedeutet. Aber mir kann es egal sein, was er mit dem Schal macht, mein Gewissen war beruhigt.

Eine Woche später kam der Walter auf Besuch. Das war natürlich „Hipstalei“ und da wusste ich dann schon, wo die besten Plätze, die geilsten Clubs und die hippsten Viertel sind und die Fun Facts über Manchester nahmen kein Ende. Oder wer von euch wusste zum Beispiel, dass die Straßenbahn von Manchester in Österreich hergestellt wird. Wahnsinn, gell!? Es wurde sehr viel über die große Anzahl an Friseuren in Manchester diskutiert, wir haben sowohl den Wochenumsatz eines Donut-Shops sowie unseren Blutzuckerspiegel in schwindelerregende Höhen getrieben, Walter hat Angestellte des Kriegsmuseums an den Rand ihrer Friedfertigkeit gebracht und wir sind die Kanäle und Schleusen der Stadt entlang, immer wieder dieselbe Frage wälzend: „Wie funktioniert denn das genau?“ Tja, ein Psychologiestudium bereitet einen überraschenderweise nicht auf alle elementaren Fragen des Lebens vor. Darüber hinaus gab es Burger, Bier und das Ausscheiden Man Uniteds in einem Pub. Also, United ist nicht im Pub ausgeschieden, sondern wir haben es uns im Pub…eh klar. Wir sind mit dem Manchester Wheel gefahren, welches jetzt hier ab- und in Edinburgh wieder aufgebaut wird. Mit David, der Walter den anderen Deutschlehrern als „strong, hairy giant“ beschrieben hatte, waren wir in einem coolen Jazzclub und in einer Bar im Northern Quarter habe ich mal zur Abwechslung meine Telefonnummer ausgeteilt. Seltsamerweise hat sich die ca. 21-jährige Engländerin dann aber nicht bei mir gemeldet. Muss wohl irgendwo eine Nummer falsch aufgeschrieben haben… Jedenfalls waren das seeeeehr super Wochenenden!


Episode 3: Der letzte Walzer in Blackpool

Eines schönen Freitagabends zauberte ich ein österreichisches Dinner, welches Caroline, David und Rachael in minutenlangen Applaus und „Bravo“-Rufe ausbrechen ließ. Zumindest in meiner Erinnerung. Jedenfalls waren der Ziegenkäse im Speckmantel wirklich gut und die Schnitzel goldbraun. Der Erdäpfelsalat war zugegenermaßen nur mittelmäßig, aber der Kaiserschmarrn ganz manierlich. Rachael hat dann gleich bei mir übernachtet, damit wir am nächsten Morgen sofort nach Blackpool aufbrechen konnten. Das ist eine Stadt an der Westküste, welche lange Zeit ein beliebter Ferienort war und wo es noch immer eine schöne Strandpromenade und einen Vergnügungspark gibt. An dieser Promenade steht auch der berühmte Blackpool Tower, der dem noch berühmteren Eifelturm nachempfunden ist und in dem sich auch ein Tanzsaal befindet, wo sich ältere Damen und Herren mit ernster Miene zu den Klängen eines Wurlitzerspielers (damit ist eine Orgel gemeint) im Kreise drehen. Beim Erklingen eines Walzers haben Rachael und ich dann erstens die Tanzfläche gestürmt, zweitens damit den Altersschnitt im Raum um Jahrzehnte gedrückt und zu guter letzt auch die Herzen der spärlichen Zuseher mit unserem Herumgestolper erobert. Eine Dame meinte, sie mochte unseren Tanzstil, weil wir gut so gut gelaunt waren und nicht nur ernst dahin stolziert sind wie die anderen Paare. Sie hätte auch sagen können, es war lustig unseren tollpatschigen Tanzbemühungen zuzusehen. Aber das Kompliment nehmen wir auch so gerne an. Dann haben wir noch traditionsgemäß Fish and Chips gegessen, bei der Herstellung von Rock Candy zugesehen, sind mit einer Achterbahn gefahren, die in einem schweizerischen Ambiente angesiedelt ist und eine riesengroße österreichische Fahne zu bieten hatte. Geographie 5. Danke, setzen. Dann wurden noch Zuckerwatte und Donuts gegessen und das Kind in mir hat Purzelbäume geschlagen. Was für ein toller Tag!!


Episode 4: Der Fisch ist Schuld!

Nach diesen ereignisreichen Wochenenden, gab es keinerlei Zeit zum Ausruhen, denn schon stand Nordirland am Programm. Vier Tage. Und St. Patrick’s Day. Und das ganze mit dem Ausblick endlich meine Durststrecke in der Aufreißzone zu beenden. Ein Land voller Rothaariger, die nichts anderes wollen, als österreichische Sprachassistenten zu beglücken. Ein Land, wo man keinen Abend alleine nach Hause gehen muss, wo selbst die Erfolgsquote von schielenden, zahnlosen Buchhaltern mit sehr unvollständiger Briefmarkensammlung bei 100 Prozent liegt. So hat sie gesagt, die Katharina. Und ich will nicht unbescheiden sein. 2 Eroberungen kann ich mit Fug und Recht verbuchen. Aber alles der Reihe nach.
Am ersten Abend wurde Mal ein Pubquiz besucht und die Dorfdisko. Das war aber natürlich nur zum Aufwärmen für die Tage und Nächte, die noch folgen sollten. Übernachtet habe ich übrigens bei der Katha am Hundeplätzchen auf einer Matratze vor dem Bett der Mädels. Ja, die Mädels, Plural. Wie man als eifrige/r LeserIn schon weiß, fahre ich nirgends im Königreich ohne die Babsi Brugger hin. Am nächsten Tag hat das dynamische Duo dann auch gleich einen megacoolen Tagesausflug zum Giant’s Causeway gemacht. Vor der Abfahrt wurden wir gefragt „Are you Barbara?“, worauf ich sofort geantwortet habe: „Yes, that’s me.“ Mein unbewusster Wunsch Barbara genannt zu werden, war mir bis dahin unbekannt. Dem Tourguide war das etwas suspekt, woraufhin er uns sofort zu einem anderen Tourunternehmen verwies. Das hat aber auch geklappt und schon ging’s los. Der Fahrer/Guide redete ununterbrochen und ständig teilte er uns mit, dass er hier oder da oder dort nicht stehen bleiben darf, weil es viel zu gefährlich sei, was ihn aber natürlich nicht davon abhielt hier und da und dort trotzdem stehen zu bleiben und daher waren gemäß seinem Rat unsere „fingers crossed“. Quasi 9 Stunden durchgehend Daumen gedrückt. Darüber hinaus erzählte uns lustige, romantische, spannende Geschichten über die Land und Leute und jede einzelne endete mit den Worten „…and then they were all killed“. Vermutlich nicht genug die Daumen gedrückt die Armen! Aber schlussendlich den Giant’s Causeway gesehen. Das einzige, was auf meiner „10 Dinge in Irland, die man gesehen haben muss“-Liste noch gefehlt hat und jetzt auch abgehackt ist. Yippie! Die Babsi hat sich so gefreut, dass sie dort gleich den Boden geküsst hat. Die Leut aus den Bergen, immer das falsche Schuhwerk.
Zurück n Belfast haben wir dann einen riesigen Fisch aufgesucht, der einem, wenn man ihn küsst, Glück in der Liebe bringt. Das haben wir noch schnell erledigt und abends waren dann diverse Bars, Pubs und Clubs angesagt, um das neuerworbene Glück auch gleich auszuprobieren. Was soll ich sagen, noch am selben Abend konnte ich mich vor den Avancen eines jungen Herrn kaum retten. Und ja, das zählt! Am Samstag war dann St. Patrick’s Day und wir waren Parade schauen. Am Tag des irischen Nationalheiligen bleibt naturgemäß keine Kehle trocken und kein Mund ungeküsst. Hat die Katha gesagt. Also abends wieder ausgegangen und man kann es sich wahrscheinlich schon denken, wer die Ausnahme von der Regel war. Da ich wieder und zwar dieses Mal, den Verlockungen eines bisexuellen Herrn ausgesetzt war, kann ich wohl erneut einen offiziellen Aufriss verbuchen, aber es bleibt doch ein schaler Nachgeschmack. Heute ist die Nacht der Nächte, hat die Katha gesagt. Da geht sicher was, hat die Katha gesagt. Mhm. Ich gebe eindeutig dem blöden Fisch die Schuld.

Was gibt es noch über Nordirland und deren Bewohner zu berichten? Über die Sprache hier kann man sagen, dass ein/e Nordire/in die mündliche Matura in Englisch in Österreich höchstwahrscheinlich nicht schaffen würde. Die Aussprache, der Wahnsinn. Jeder Vokal wird grundsätzlich anders ausgesprochen wie es dem Standardenglisch entsprechen würde. Und auch wenn es definitiv mehr rothaarige Menschen in Nordirland gibt, sie haben doch den gleichen Schminkwahn und Dresscode wie in Manchester.

Am Tag der Abreise wurde uns noch beiläufig mitgeteilt, dass wir die letzten 4 Tage in einem ultrakonservativen, protestantischem Viertel mit Hasstendenzen gegenüber Touristen gelebt haben. DAS hat sie mir nicht gesagt, die Katha! Aber wenn man meinen Abschiedskuss von Kathas Mitbewohnerin mitrechnet - ich habe die österreichische Doppelkussvariante probiert, während sie wohl nur die einseitige erwartete, was damit endete, dass wir uns gegenseitig das Gesicht und/oder die Haare abschleckten - dann war das Wochenende in Belfast eindeutig ein Riesenerfolg. Spaß gemacht, hat es allemal!

Ok, jetzt, wo ich mit dem Schreiben fertig bin, muss ich gestehen sooo besonders war der Blog-Eintrag jetzt vielleicht doch nicht. Das mit dem Hund ist ja eher traurig. Also, für das tschechische Paar und die Ausgeburt der Hölle zumindest. Und meine amourösen Abenteuer sind auch nicht gerade filmreif. Aber nächstes Mal schreibe ich über noch mehr rothaarige Menschen! In Schottland! Das wird sicher ein Wahnsinnsbericht. Vielleicht. Naja, eher nicht…

Mittwoch, 14. März 2012

Wasser marsch...oder warum man in Judenherbergen keine Scones bekommt!

Hallo zusammen und liebe Grüße von der topfenlosen Insel, wo die Butter gesalzen ist und Sandwichs mit Chips eine vollwertige Mahlzeit darstellen. Der letzte Blog-Eintrag war ja geprägt von derart banalen Alltagsdingen, dagegen liest sich eine Bedienungsanleitung wie ein Abenteuerroman. Gleich vorweg, es hat sich nichts verändert. Daher: Alle, die ein wenig gestresst sind und sich überlegen, ob sie den neuen Blog lesen oder doch Zehennägel schneiden sollen? Ehrlich? Ich würde sagen, liebe/r LeserIn, du kannst dich ruhigen Gewissens deiner Körperpflege widmen. Man versäumt dieses Mal wieder nichts Wichtiges. Hast du daran gedacht, deine Steuererklärung zu machen. Mach sie. Es kann nicht unlustiger sein dich mit deinen Absetzfreibeträgen zu beschäftigen als die nächsten Zeilen zu lesen. Ich sage nur: Wasserrechnung, Kochabende und zahnende Hunde. Ok, das mit den Hunden hört sich vielsprechend an. Allgemein und im Großen und Ganzen muss ich dich aber leider enttäuschen, liebe/r LeserIn. Das Meiste, was folgt, ist wirklich kaum der Rede wert und ich werde schon ganz schläfrig, wenn ich nur daran denke, geschweige denn darüber schreibe. Es sollte verboten sein, dass für so einen Unsinn Speicherplatz im Internet freigehalten wird.

Noch immer da? Gut, auf deine Verantwortung hin. Aber nachher nicht beschweren: „Maaah, das waren die unsinnigsten 15 Minuten meines Lebens. Hätte ich nur Sturm der Liebe geschaut oder diesen Youtube-Clip, wo das Chamäleon Angst vor einem Iphone hat!“

Dann fangen wir mal an: Es ist Freitag, 10 Uhr vormittags, ich bin wach und angezogen. Nun fragt man sich natürlich zu Recht: warum? Gut….dass ist ich angezogen bin, wenn ich mich außerhalb des Betts aufhalte, gebietet der Anstand gegenüber dem Installateur, der sich mit mir in der Küche befindet. Ein weiterer Grund meines Wachseins zu dieser nachtschlafenden Tageszeit war der monatliche Regenguss, der weniger zart als mehr laut und nervend an meine Fenster klopfte. Mindestens einmal im Monat kommen Menschen, die mit langen Besen und Wischern und Schläuchen die Fenster an unserem Wohngebäude reinigen. Und das natürlich an meinem freien Tag. Sowas von ungerecht! Aber andererseits berappe ich natürlich gern ein Drittel meines Gehalts für die Miete, wenn man so einen Service inkludiert bekommt. Gar nicht auszudenken, wie meine Fenster-Fernwinkbeziehung aussehen würde ohne diesen monatlichen Reinigungsdienst. Jaja, mit so sauberem Glas, das wissen wir schon aus der Werbung, da klappt’s auch mit dem Nachbarn! Ich will ja gar nicht davon sprechen, dass wir uns durch die dreckigen Fenster hindurch vielleicht nie gesehen, nie kennen gelernt hätten. Aber ganz sicher wirkt niemand lässig und cool, wenn er durch verschmutzte Fenster winkt. Soviel steht fest. Und übrigens: auch ihr Mann und ich haben schon einmal per Fenster kommuniziert. Dazu aber später mehr.
Also, wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, in der Küche beim Installateur. Der hat kontrolliert, ob unser tadellos funktionierender Gasboiler auch wirklich tadellos funktioniert. Also hat er einfach mal ein wenig daran herumgedreht und schon ging die Heizung nicht mehr. Nach ein wenig Grübelei wurde noch ein bisschen mehr herumgedreht und schon ging sie auf einmal wieder. Zufrieden mit seiner Arbeit wandte er sich an mich, nickte wissend und teilte mir dann mit: „The heating is working again!“ Verständlicherweise wollte die Freude in der Wohnung gar kein Ende nehmen. Es ist einfach beruhigend zu wissen, dass Handwerker überall auf der Welt Probleme, die man vorher gar nicht hatte, auch ruckzuck wieder beseitigen können. Speziell, wenn der Landlord und nicht man selber für solchen Unsinn bezahlen muss.

Ja, wenn wir schon bei Handwerkern sind: Eines schönen Morgens kam kein Wasser aus den Leitungen. Also kurz mit der Winke-Winke-Nachbarin kommuniziert und festgestellt, dass in allen Wohnungen kein Wasser läuft (ich konnte es natürlich an ihrer etwas schiefen Frisur bereits erahnen, dass die Dusche ausgefallen war). Dann wurden alle notwendigen Stellen verständigt und das Problem konnte in unserer Abwesenheit in Angriff genommen. Als ich am späten Nachmittag nach Hause kam, war natürlich nichts passiert. Also wieder telefoniert und schon war klar, wer Schuld an diesem Dilemma war. Laut Hausverwaltung der Hausmeister. Der Hausmeister wiederum beschuldigte die Wasserwerke. Und gemäß den Wasserwerken war die Hausverwaltung der alleinige Schuldige. Es war also etwas unklar, wann das Wasser wieder aus den Leitungen sprudeln würde. Tja, was passiert gewöhnlich in Zeiten der Krise und des bevorstehenden Toilettenbesuchs ohne die Möglichkeiten zu spülen? Es formen sich natürlich die seltsamsten Koalitionen. Daher habe ich jede Vorsicht über Bord geworfen und Kontakt aufgenommen. Mit ihm. Meinem Wink-Rivalen. Um abzuklären, welche Informationen er bekommen hat bezüglich der Rückkehr des feuchten Elements. Wenn der gewusst hätte, was da sonst hinter seinem Rücken an Gewinke abgeht… Und eine Stunde später konnte die lebensrettende Spülung dann auch endlich betätigt werden und dieser bizarre Wink-Waffenstillstand war wieder Geschichte.
Und jetzt noch der „Höhepunkt“ der Wasser-Geschichten: Eines schönen Morgens kam Caroline in die Küche und sah mich sehr geschockt an. Kreidebleich klärte sie mich auf, dass unsere Wasserrechnung, die wir per Post übermittelt bekommen haben, einen Betrag von über 400 Pfund für 3 Monate auswies. Das letzte Mal, bevor ich eingezogen bin, waren es 120 Pfund. In Gedanken ging ich schnell meinen Wasserverbrauch durch, aber bis auf die berüchtigte Stöpselgeschichte fiel mir keine übermäßige Verschwendung ein. Nach der ersten Panik, rief Caroline dann mal bei den Wasserwerken an um nachzufragen, wie das sein kann. Da stellte sich raus, dass sie nur geschätzt und dabei scheinbar etwas aufgerundet haben. Nachdem eine Woche später der Zähler abgelesen wurde, konnte die Rechnung überraschenderweise auf 80 Pfund heruntergeschraubt werden. Wie gesagt, eine großartige Geschichte, die ich noch meinen Enkelkindern erzählen werde („Opa, Opa, erzähl uns doch wieder, wie du in England die Wasserrechnung bezahlen musstest!“ …. Ja, so wird das sein mit mir und meinen Enkelkindern.)

Von diesen trivialen Alltagssorgen, die absolut anders sind als in Österreich, komme ich zu Ausflügen und Abenteuern in anderen Gegenden als meinem geliebten, sicheren Manchester. Speziell unser Viertel hier soll ja, wie schon einmal erwähnt, etwas gefährlich sein. Aber außer dem Überfall in einem Park 10 Minuten von mir entfernt, war bisher absolut gar nichts. Und wer geht schon allein mitten in der Nacht durch einen Park?! Selber Schuld kann man da nur sagen. Also Urlaub: in den Semesterferien habe ich einerseits ein paar Tage in Manchester verbracht um zu chillaxen. Dann habe ich einen Tagesausflug mit Fred und Vladimir nach Leeds gemacht, wo wir zufällig zwei österreichischen Assistentinnen über den Weg gelaufen sind. Den Rest der Woche habe ich dann mit Florian, einem deutschen Assistenten, in einer Jugendherberge in London verbracht. Wichtigste Regel beim Schlafen in einem Hostel: Nie als erster nach Hause kommen. Es kommen sonst immer Menschen in den Raum, die betrunken, laut, rücksichtslos oder alles drei zusammen sind. Oder am allerschlimmsten: amerikanische College-Girls. Wenn die um halb 3 Uhr morgens mal ins Schnattern geraten, ist es um die nächtliche Ruhe geschehen. Deswegen immer die oben genannte Regel beherzigen.

Apropos Jugendherberge, da bietet sich doch sofort ein kleiner Einschub zur Sprachkompetenz meiner Schützlinge an: Aus irgendeinem Grund müssen englische Schüler, die ansonsten keinen geraden Satz rausbringen, beim Thema „Was gibt es in deiner Stadt“ unbedingt das Wort „Jugendherberge“ lernen, wobei den meisten zuerst einmal auf Englisch erklärt werden muss, was das überhaupt ist und dass man dort keine schlimmen Kinder einsperrt. Scheinbar ist aber unverständlicherweise speziell der erste Teil des Wortes etwas zu kompliziert für die britische Zunge und daher wird fast immer gefragt „Wo ist die Judenherberge?“ Beim ersten Mal habe ich noch entsetzt zur Lehrerin geblickt, aber da ich scheinbar der einzige bin, dem das auffällt, lernte ich damit ebenso zu leben, wie mit nicht ausgesprochenen Endungen: Komödi…, Fernseh…, Geschicht…, Verkäuf… Hier kommen die eigenen linguistischen Prinzipien halt leider etwas durch. Da freut man sich schon, wenn überhaupt Endungen benutzt werden, auch wenn es nur die falsches sind! Oder man ist entzückt, dass wahllos über Vokalen ein Akzént gesetzt wird. Zumindest erkennen sie, dass man eine Fremdsprache benutzt, es müssen ja nicht unbedingt Umlaute sein, n’est-ce pas?! Die kleinen Freuden im Alltag eines Sprachassistenten.

Aber zurück nach London. Neben einem Tag in London mit Florian und diversen Besuchen in meinem Stammpub, dem Sherlock Holmes, wurden 2 Tagestrips gemacht. Der erste führte mich mit der legendären Babsi Brugger nach Windsor, wo wir das Schloss unsicher machten. Audio-geführt wandelten wir durch die Räumlichkeiten und Gärten und hatten unsere Hetz dabei. Danach noch ein bisschen durchs benachbarte Eton und schon war der Tag um. Immer wenn ich in London bin, esse ich Scones mit Sauerrahm und Marmelade, die typischste englische Mehlspeis zum Tee oder Kaffee. So auch dieses Mal und dabei ergab sich - wie jedes Mal, wenn ich Scones esse - die Frage, wie man auf Deutsch zu Scones sagen würde. Und bis jetzt konnte mir das noch niemand so richtig beantworten. Die Babsi aber meinte ganz selbstverständlich, die würden bei uns auch Scones heißen. Man lernt doch immer was dazu! Da freue ich mich doch schon sehr, wenn ich sie mal in Neukirchen am Großvenediger besuche und sie mich ihre original Salzburger Scones kosten lässt. Hmmm, lecker!
Den zweiten Tag verbrachte ich mit insgesamt 5 Mädels im verregneten Cambridge. Was kann man hier berichten? Colleges neben Colleges, umgeben von Colleges. Am letzten Tag war ich dann noch beim Speaker’s Corner im Hyde Park. Ein seriöser Herr sprach über China als wirtschaftliche Gefahr für Europa. Ein Moslem versuchte das Publikum für ein religiöses Thema zu begeistern. Und eine alte Frau redete einfach nur Unsinn und beleidigte alle Zuhörer, die ihre Rede kommentierten. Man kann sich leicht vorstellen, wer von den Dreien die meisten Menschen um sich scharen konnte. Die wahnsinnige Alte natürlich. Beim Nachhausefahren nach Manchester im Zug dann das altbewährte Spiel. Ich buche online einen Sitzplatz, wo ich in Fahrtrichtung sitzen würde. Und sitze in die Gegenrichtung. Ich bin mittlerweile 6 Mal mit dem Zug gefahren und erst einmal in Fahrtrichtung gesessen. Das war das erste und auch das einzige Mal und ich habe damals natürlich vorher nicht angegeben, dass ich in Fahrtrichtung sitzen möchte. Irgendjemand bei der britischen Bahn hat seinen Spaß mit meinen Online-Buchungen, anders kann ich mir das nicht erklären…

Zurück in Manchester gab es dann endlich eines der lang geplanten, internationalen Dinner. Patricia war die erste und es gab einen Abend lang lukullische Genüsse von der iberischen Halbinsel. Verschiedenste Tapas mit Schinken, Käse, Oliven, Saucen und und und…vor allem aber Eier und Erdäpfel. Wie es scheint die beiden wichtigsten Zutaten, die bei keinem spanischen Essen fehlen dürfen. Und es gab Sangria und Cocktails. Ich frag mich gerade, wie Tapas in Österreich heißen? Wahrscheinlich Tapas. Ich werd mal die Babsi fragen…

So, das war es mal wieder. Ich bin mir sicher, der nächste Bericht wird mörder-hammer-wahnsinns-mega-geil, weil ich dann ich über den Besuch der Frau Brugger in Manchester berichten kann! Und der Walter ist auch da! Und ich gehe in die Annalen des englischen Fussballsports ein! Und ich fliege nach Belfast, in die Stadt, wo kein Single länger als 10 Minuten allein bleibt (sagt die Kathi). Und der zahnende Hund erst…was für eine Geschichte, die ich jetzt leider auf das nächste Mal verschieben muss! Also wirklich, nächstes Mal wird wieder super!

Und für alle, die sich jetzt doch durch diesen Eintrag gequält haben, hier ist das Chamäleon:

http://www.youtube.com/watch?v=6FWUjJF1ai0&feature=related

Sonntag, 5. Februar 2012

The Return of the Assistant

Was bisher geschah…

In einem Anfall jugendlichen Übermuts habe ich mich für eine Sprachassistentenstelle in Manchester beworben, in der Erwartung, dass ich dann endlich Pippa Middleton kennen lernen, Wimbledon gewinne und es als Unterwäschemodell auf die Titelseite eines Boulevardblatts schaffe.
Die Realität sieht leider anders aus: ich habe ausnahmslos nur Schülerlotsen, Millionen von Spanier und Badewannenstöpsel kennen gelernt, meine Rückhand liegt noch im Argen und unverständlicherweise will niemand meine Unterhosen sehen.

Aber, neues Jahr, neues Glück!

Ich bin jedenfalls am 30. Dezember wieder gut in England angekommen und es gab es keinerlei Zwischenfälle (da ich ja dieses Mal keine hochexplosiven Christmas-Cracker mit an Bord nehmen wollte, so wie beim Heimflug vor Weihnachten). Also, erstmal London für Silvester. War wirklich toll und man hört Big Ben um Mitternacht auch in 7 Kilometern Entfernung noch bimmeln. (Ich habe natürlich erst ein paar Tage später realisiert, dass die Gongs logischerweise aus Lautsprechern gekommen sind, aber dieser Eindruck um 24 Uhr den Big Ben zu hören, hat mir jedenfalls sehr gut gefallen). Und ein Riesenfeuerwerk gab’s natürlich auch. Jetzt aber eine englische Besonderheit: wie sich der eifrige Leser wahrscheinlich erinnern kann, habe ich ja schon öfters auf die Beliebtheit von Feuerwerken hier im Lande hingewiesen. Das gilt seltsamerweise aber nicht für den einzigen Tag im Jahr, wo sich auf der ganzen Welt tausende Menschen in Vorfreude auf das neue Jahr einen Arm mit einer Rakete wegschießen oder sich beim Anzünden diverser Knallkörper Verbrennungen dritten Grades zu ziehen. An diesem Tag geht der Engländer brav zu einem offiziellen Feuerwerk in die Stadt und danach strömt man gesittet wieder an einen Ort des Feierns zurück. Klingt seltsam, is aber so.

Was tut sich nun in Manchester bei mir seit meiner Rückkehr? Seit ich wieder hier bin, habe ich angefangen gestohlene Handys am Busbahnhof zu verkaufen, arbeite am Wochenende als Rausschmeißer in einer Spelunke für einsame Matrosen und organisiere illegale Hahnenkämpfe in Hinterhöfen.

…OK. Das war jetzt ein wenig geflunkert, aber ich muss natürlich die Geschichten vom letzten Jahr toppen und im realen Leben ist jetzt in den letzten Wochen nicht ganz so viel passiert. Vieles ist einfach wieder so, wie auch schon vor den Weihnachtsferien. Meine Küchenfensterfernwinkbeziehung ist gut im Laufen (sie hat jetzt die Haare ein bisschen kürzer, ich übrigens auch, aber dazu später mehr), die Schule ist noch dort, wo sie vor den Ferien war, das Pubquiz ist nach wie vor dienstags und die Abende mit Caroline sind absolut in Ordnung. Wir kochen zwar getrennt (sie vor allem entweder absolut gesundes Gemüsezeugs oder Fleisch mit Wurst als Beilage!), aber wir fernsehen gemeinsam. Die ideale WG-Beziehung. Es gab bereits einen „Hook“-Fernsehabend, dann standen die „Ghostbusters“ am Programm, zuletzt „Zurück in die Zukunft“ und ich denke, es werden noch einige folgen. Eine weitere Arbeitsteilung in unserem Haushalt besteht darin, dass Caroline Küchenutensilien kauft und ich sie kaputt mache. Bis jetzt: 3 Messer und 2 Schüsseln. Na, nach diesen spannenden Ereignissen wünscht ihr euch jetzt plötzlich doch, dass die Sache mit den gestohlenen Handys stimmt, gell?!

Gut, zumindest kann ich von meiner coolen Geburtstagsfeier berichten, die damit geendet hat, dass die Nachbarn gekommen sind und sich beschwert haben, dass es in 5 Jahren nicht so laut hier im Haus war! Success! Darüber hinaus war ein Hund anwesend und es gab selbstgemachten Apfelstrudel und Geschenke - was will man mehr!

Weiters wurde ich aufgrund meines Akzents für einen Südafrikaner gehalten und ein leicht französischer Anklang in der Aussprache wurde auch schon festgestellt. Der Österreicher – das unbekannte Wesen! Dann habe ich zum ersten Mal seit Betreten der Insel einen Friseur aufgesucht. Auf die Frage des Friseurs „How do you normally style your hair?“ konnte ich natürlich nur mit Achselzucken reagieren. Ich hätte ihm natürlich von meiner ausgeklügelten „Haube-nach-dem-Duschen-aufsetzen“-Technik erzählen können, aber ich denke nicht, dass er das gemeint hat. Jedenfalls hat er viel zu viel weggeschnipselt. Man kennt das natürlich, sobald man bemerkt, dass es zu kurz ist, ist es ja auch schon zu spät. Jedenfalls, so kurze Haare hatte ich das letzte Mal, als ich gerade den Geburtskanal verlassen habe. Einen Vorteil hat das ganze natürlich: endlich lernen die Burschen jetzt neben „Er hat lange, lockige, braune Haare“ auch „Er hat kurze, glatte, braune Haare“….Alles für den Job. Dieser neue Hooligan-Look findet großen Anklang bei der reiferen Damenwelt, die jüngeren Mädchen sind kollektiv in Tränen ausgebrochen ob des Verlusts der Lockenpracht. Zum Friseur muss ich garantiert nicht mehr in England gehen. Tja, liebe/r LeserIn, ich erzähle tatsächlich von Friseurbesuchen und man denkt sich jetzt zu Recht, eine Hahnenkampfgeschichte wäre sicher lustiger gewesen…

Des Weiteren war ich nun erstmals bei einem Match - City vs Fulham. Bei meinem Glück habe ich natürlich eines der wenigen Spiele erlebt, welches von Minusgraden und Schneefall geprägt war. Der Vorteil ist aber, ein kühles Blondes in der Mitglieder-Bar draußen vor dem Stadion wird bei dem Wetter garantiert nicht warm. Das Spiel war mäßig interessant, weil die Leistung der Fulham-Spieler an so manchen österreichischen Bundesliga-Kick erinnerte, doch die Fans machten das mit der Stimmung und den Gesängen allemal wett.

Einen Erfolg der österreichischen Küche kann ich auch noch vermelden. Am letzten Arbeitstag einer Deutschlehrerin, die nach Barbados zieht, habe ich einen Apfelstrudel mitgenommen und als Folge wurde ich sogleich zu ihrer Abschiedsfeier in einer Bar in Manchester eingeladen. Das Sprichwort stimmt also: Der Apfelstrudel ist mächtiger als das Schwert!

Zum Abschluss berichte ich noch schnell, wie ich beinahe dreimal gleichzeitig nach Belfast geflogen wäre. Physikalisch höchst unwahrscheinlich, aber die Grenzen der Realität haben mich und Billigfluglinien noch nie zurückgehalten. Wie kam es dazu: Der Grundgedanke war, dass man natürlich St. Patrick’s Day auf der Insel nebenan feiern sollte. Also, mit der Frau Katharina L. (ja, die Unpünktliche aus den London-Abenteuern), die in Belfast zuhause ist, ausgemacht, dass man die Gelegenheit beim Schopfe packt. Was fehlt ist nur EIN Flugticket. Das ist leichter gesagt als getan. Beim online Buchen kann es schon mal passieren, dass beim Verarbeiten der Daten ein Fehler passiert und die Buchung nicht durchgeführt wird. Das ist ärgerlich, aber man versucht es dann eben noch einmal. Sollte es erneut nicht funktionieren, dann probiert man es ein drittes Mal und - schwupps - schon klappt es. Dann kontrolliert man, ob man eh eine Bestätigung per Email bekommen hat und freut sich, dass dem so ist. Dann schaut man noch mal und sieht, dass man 3 (in Worten: drei) Bestätigungsemails bekommen hat für die drei Flüge, die man soeben gebucht hat. Das bringt natürlich einen Mörder-Vielfliegerbonus, finanziell steigt man aber eher schlecht aus. Und auch wenn die Vorteile, wie z.B. eine ganze Reihe liegend einzunehmen, verlockend sind, habe ich dann doch zwei Flüge wieder storniert.

So, das war’s fürs Erste. Ich verspreche bis zum nächsten Eintrag meine Abenteuer wieder etwas spritziger zu gestalten. Weniger Friseurbesuche, mehr Parallel-Flüge buchen und ich schaffe mir mal einen Kampfhahn an. Den kann man ja immer gut gebrauchen...

Freitag, 16. Dezember 2011

Eine haarige Sache

Der vergangene Monat war durch ungezügelten Haarwuchs gekennzeichnet. Oberlippen-technisch zumindest. Es war Movember. Das bedeutet, dass sich viele Männer im englischsprachigen Raum einen Moustache, also Schnurrbart, wachsen lassen, um auf Männergesundheitsthemen, Vorsorgeuntersuchungen, insbesondere für Hodenkrebs, aufmerksam zu machen und Spenden dafür zu sammeln. Und wenn ich sage viele, dann meine ich so mindestens vier, fünf Männer, die ich im letzten Monat gesehen habe, die mitgemacht haben. Möglicherweise. Das weiß man ja nicht so genau, manche finden das ja das ganze Jahr über schick. Die 12-jährigen Buben in der Schule waren natürlich ganz fasziniert von dieser schönen Gesichtsbehaarung, der Rest der Bevölkerung hat das ganze eher zwiespältig gesehen. Die Reaktion war immer die gleiche: zuerst ein respektvolles Kopfnicken, das ausdrückt „Cool, ich finde toll, dass du diese Sache unterstützt!“ und danach ein mitleidiges Lächeln, welches sagt „Du mein Freund, wirst dieses Monat nicht mal eine einzige Telefonnummer erobern, geschweige denn auch nur in die Näher einer Frau kommen!“. Man könnte auch sagen, dass der Schnurrbart ein natürliches Verhütungsmittel ist. Sehr verständlich, da der 80er-Jahre-Pornodarsteller-Look mindestens seit den 80ern nicht mehr ganz so gefragt ist. Wenn er denn das jemals war. Ein Betrunkener auf einer Herrentoilette hat das ganze jedenfalls so zusammengefasst: „If it wouldn’t be for Movember… you know it looks awful!“ Es soll jedoch auch nicht unerwähnt bleiben, dass ich einen Abend unterwegs war und eine etwa 40-jährige sehr beeindruckt von meiner Rotzbremse war. Zu späterer Stunde wollte sie dann auch noch mein T-Shirt haben. Nachdem ich ihre Angebote von 5 und 10 Pfund abgelehnt habe, wurden andere Arten der Bezahlung in den Raum gestellt, auf welche aus Gründen des Jugendschutzes hier nicht weiter eingegangen werden soll. Dies war die erfolgreichste Geschichte in Zusammenhang mit meinem Bärtchen und ich bin mir nicht sicher, ob erfolgreich der richtige Ausdruck ist. Wobei ich jedoch nicht die Tatsache unterschlagen will, dass unsere junge Nachbarin (verheiratet, 2 Kinder – nur um das gleich klar zu stellen), die immer wieder mal von ihrem Küchenfenster zu mir rüberwinkt, pantomimisch mitgeteilt hat, dass ihr der Schnurrbart sehr gut gefällt. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Außer vielleicht, dass sie noch nie zur Caroline rüber gewunken hat, obwohl die schon seit einem Jahr in dieser Wohnung wohnt. Hmmm….

Wenn wir schon beim Thema Ausgehen sind, dann schildere ich einmal kurz, wie das hier so in England funktioniert. Wichtig ist der Dresscode. Männer sehen aus, als würden sie gerade vom Fußballplatz kommen. Das heißt Jeans und Leiberl. Kurze Ärmel natürlich, unabhängig von Tages- oder Nachtzeit. Die Mädels wiederum laufen scharenweise in Glitzerkleidchen herum, welche natürlich fabelhaft zu den oben erwähnten T-Shirts der Burschen passen. Diese Kleidchen gibt es in den Ausführungen „kurz“, „ganz kurz“ oder „bitte-zieh-dir-dein-Kleid-runter-kurz“. Dazu trägt die Engländerin von Welt Extrem-Stöckelschuhe. Diese werden beim Heimgehen gerne in der Hand getragen, weil es physisch unmöglich ist, länger als 3 Stunden darin herumzulaufen. Die intelligenteren (oder zumindest die mit einer größeren Tasche) haben dann auch Sportschuhe eingepackt für den Nachhauseweg. Auch für die Damewelt gilt: Außentemperatur und Textilmenge stehen in keinerlei Zusammenhang. Beliebt bei den britischen Mädels sind interessanterweise diverse Amy-Winehouse-Memorial Hochsteckfrisuren. Was da an topf-, zopf-, turmähnlichen Gebilden als Frisur durchgeht, also ehrlich, so was Hübsches sieht man bei uns normalerweise nur an Samstagvormittagen beim Tele-Shopping Kanal, wo diese praktischen Haarschlingen angeboten werden. Ein weiteres auffälliges Merkmal an der Beauty-Front ist eindeutig der Make-up Verschleiß der Mädels. Was eine durchschnittliche, britische Mädelstruppe abends an Schminke aufträgt, würde Michelangelo genügen, um die Sixtinische Kapelle nochmals neu auszumalen! Hier geht’s beim Aufreißen scheinbar nur um Täuschen und Tarnen, aber, wie wir wissen, wenn der Bart das Wichtigste wäre, könnten die Ziegen predigen. Mittlerweile sind die Temperaturen noch dazu wieder etwas weiter gefallen, was aber natürlich nicht die geringsten Auswirkungen auf die britische Bekleidungswahl hat.

In touristischer Hinsicht kann ich erwähnen, dass ich in einem großen Park bei Dunham Massey spazieren war und die Stadt Chester besucht habe. Und in Liverpool war ich auch. Ui, da war's vielleicht windig und kalt. Sehr nette Stadt und in marketingtechnischer Sicht sind die Beatles quasi der Mozart von Liverpool. Die Jungs sind dort überall! Auf Häferln, auf Bildern, im Musical, aber hauptsächlich auf Häferln. Dann hätte ich fast 2 Manchester City Spieler im dazugehörigen Fanshop getroffen. Ja, so geht’s ab in good old Britain. Weiters war ich mit Fred mal im Gay Village. Irgendwie nett, aber man möchte natürlich nicht den ganzen Abend Wham oder „I will survive“ hören. Und es ist auch irritierend, weil man nicht weiß, ob es Sinn macht, die Dame anzusprechen. Man kommt sich ja vor wie beim Brieflos aufmachen: Ständig „Leider Nein“…. Und in manche Hetero-Lokalitäten durften wir dann gleich gar nicht rein, weil schon zu viele Burschen drinnen sind. Dann sind wir zufällig mal in einem Gothic Pub gelandet. Ein sehr skurriles Lokal. Also eigentlich ein normales Pub, aber ich bin mir mit meinem dunkelblauen T-Shirt inmitten all der schwarz gekleideten und mit schwarzem Lidstrich versehenen Menschen vorgekommen als hätte ich ein Hawaiihemd bei einer Beerdigung an. Doch die Musik hat eher zum Hawaiihemd gepasst und war happy peppy Tanzmusik. So fröhlich und gut gelaunt habe ich Goths auch noch nie herumspringen sehen. Sachen gibt’s! Und am Nachhauseweg wird dann schon mal ein Passagier, der nicht genug Geld für einen Fahrschein hat, von einem anderen mit einem Fußtritt aus dem Bus befördert, ohne dass es irgendjemanden stört. Da können einem schon die Barthaare zu Berge stehen!!

http://www.youtube.com/watch?v=iHSPf6x1Fdo&feature=related

Apropos Busfahren: habe ich mich am Anfang über die lange Anreise beschwert, so muss ich jetzt sagen, dass es auch zumindest eine gute Seite hat; ich lese so viel wie schon lange nicht mehr. Und was noch interessanter ist, beim Aussteigen bedankt man sich beim Busfahrer. Also nicht nur ich, alle machen das. Und er grüßt freundlich zurück! Ist das nicht nett?!

Von der Pub-Quiz Front gibt es auch Neuigkeiten. Einerseits war der Fragensteller einmal so nett und hat 20 Fragen zu Österreich, Deutschland, Spanien und Frankreich für uns vorbereitet. Andererseits waren wir entweder krank oder beschäftigt und sind natürlich dieses eine Mal nicht dort gewesen. Am nächsten Dienstag haben wir dann gleich katastrophal schlecht abgeschnitten und sind abgeschlagen Letzte geworden. Wahrscheinlich hat er ein wenig getrotzt. Und wie hat und das wissen lassen? Mit Fragen zu den Themen Golf, englische Geschichte und Musik aus den 60ern. Wir werden uns hüten, in Zukunft speziell auf uns zugeschnittene Ländersessions zu versäumen. Tja, wer nach dem Himmel speit, dem fällt der Speichel in den eigenen Bart. Aber, wie ein Phoenix aus der Asche hat das Team „Esperanto“ - verstärkt mit Engländern und Schotten – das folgende Mal die bisherigen Punkte fast verdoppelt und ist auf dem fabelhaften vierten Platz gelandet, nur 5 Punkte hinter den Gewinnern. Jaja, verspotte nicht den mit dem dünnen Barte, solange du selbst bartlos bist!

Mittlerweile ist auch eine weihnachtliche Stimmung hier in Manchester eingezogen. In den Wohnungen sieht man schon die frühzeitig festlich aufgeputzten Christbäume und überall glitzert’s und glänzt’s. Die Britannier putzen ihren Baum nämlich schon viel früher auf als wir und das gute Ding steht quasi den ganzen Dezember schon in der Wohnung herum. Als ich meinen Vortrag über die Weihnachtszeit in Österreich gehalten habe, habe ich immer wieder in geschockte Bubenaugen blicken müssen, als ich ihnen erklärt habe, dass bei uns der Baum erst zu Weihnachten aufgeputzt wird. Das und die Tatsache, dass der Krampus die schlimmen Kinder mit der Rute auf den Popo haut, werden wohl in den nächsten Tagen einige englische Jungs entsetzt aus dem Schlaf aufschrecken lassen! Weiters schießen natürlich bereits die Christkindlmärkte wie Barthaare aus dem Gesicht, äh, Schwammerl aus dem Boden und der Glühwein wird um kecke 3,50 Pfund feilgeboten. Die Bratwurst ist dreimal zu groß für das Minibaguette, am German Christmas Market verkaufen gelangweilte Französinnen Krimskrams und am French Christmas Market dreht dir Dirk aus Wuppertal die grauslichsten Palatschinken der Welt an!! Aber man geht dann natürlich trotzdem immer wieder gern hin. So viele schöne Lichter!

Dann habe ich hier interessante Beobachtungen in Sachen öffentliches Fußballschauen gemacht. Also, entweder man geht in ein ManU Pub. Oder man geht in ein City Pub. Oder, wenn nacheinander gespielt wird, geht man in ein Pub, sieht sich das Spiel an, verlässt das Pub um Platz zu machen für die anderen Fans und dann schauen die sich ihre Mannschaft an. Oder man geht in ein Lokal, wo beide Spiele gleichzeitig auf verschiedenen Bildschirmen übertragen werden. Nice!

Was gibt es in der Schule Neues? Ich spiele jetzt einmal die Woche mit ein paar Lehrern im Turnsaal Fußball. Am Anfang wurde ich gleich hart ran genommen, weil sie natürlich vermutet haben, dieser durchtrainierte, athletische Legionär kann einfach nur gut sein; daher muss er natürlich gleich mal ausgeschaltet werden. Ja, mit diesem Vorurteil hab ich schnell aufgeräumt…

Schultechnisch ist alles im Lot. Eine Lehrerin will mich im Sommer im Kasten einsperren, damit ich nicht nach Österreich zurückgehen kann. Ich denke, es war als Kompliment gemeint. Aber jetzt ist es zumindest schriftlich festgehalten und sollte ich im Juni noch nicht zuhause sein, dann bitte bei dieser Adresse die Schränke inspizieren: Hazel Street, Audenshaw, Manchester, M34 5NB. Auch die Deutschchefin hat mich gelobt, aber nur im Kreise der anderen Lehrkräfte. Wieso sollte sie es auch mir selber sagen. Am Ende will ich vielleicht gar nicht den Sommer im Kasten verbringen!
Dann wurde gestreikt. Einen Tag. Da mich das britische Beamtenpensionssystem nur marginal betrifft, war ich in der Schule, habe meine Stunde für diesen Tag abgesessen damit ich auch bezahlt werde. Und opportunistisch, wie ich einmal bin, bin ich dann natürlich zum Protestmarsch der Beamten in die Stadt gefahren: „Nicht mit uns!“

Ach ja, Unterrichten tue ich natürlich auch. Die ältere meiner beiden Mädels hat der Lehrerin sogar schon mitgeteilt, dass ich „nice“ bin und sie sich jetzt im Unterricht sehr wohl fühlt und weniger Angst beim Deutschsprechen hat. Strike! Die andere, naja. Ob das noch was wird. Die junge Dame entzieht einem mit ihrer Passivität, ihren geringen Deutschkenntnissen und den eeeeeewig langen Pausen bevor sie antwortet wahrlich jedes Mal ein Stück Lebensenergie. Man will dann natürlich ständig selber Antworten geben und muss sich zurückhalten, weil die Gute ja selber denken und reden soll. Also was macht der geschulte Pädagoge? Finger in den Oberschenkel krallen, gequältes Lächeln aufsetzen und sich in Gedanken vorstellen, wie man die Antwort mit einem nassen Handtuch aus ihr herausprügelt. In einer der letzten Stunden haben wir das Thema Umweltschutz besprochen und sind dann auch bei den öffentlichen Verkehrsmitteln gelandet. Blöderweise kannte sie weder die Wörter öffentlich, noch Verkehr noch Mittel. Also alles erklärt und dann augenzwinkernd hinzugefügt „Weißt du, welches Wort man im Deutschen interessanterweise noch mit Verkehr zusammensetzen kann?“ Tja, ich höre schon die entsetzten Schreie und kann mir die weit aufgerissenen Augen der lieben Leserschaft vorstellen. Er wird doch nicht wirklich. Beim Thema Umweltschutz?! In der Schule. Einer Minderjährigen. Neeeeeeeein!!! Doch.

http://www.youtube.com/watch?v=K8E_zMLCRNg

Dann nervöses Lachen von beiden Seiten. Und schnell so tun, als hätte man nichts gesagt. Vielleicht war das mit dem Kasten doch irgendwie anders gemeint…

Themenwechsel. Von mehr ein- als zweideutigen Anspielungen kommen wir jetzt zu schwangeren Zwölfjährigen. Ok, Moment. Alles der Reihe nach. Ich war mal wieder in London. Also im Hostel schnell den Rucksack mit Gewand und Toilettesachen abgegeben und dann zum Dungeon gesprintet. Man will ja nicht zu spät kommen und die anderen Leute warten lassen. Die anderen, das sind die überpünktliche Babsi B., die ebenfalls pünktliche Babsi H. Und die so was von unpünktlichen Katharina L. und Susi P. (Gerüchte besagen, dass ich Letztere von der Uni her kenne, aber ich kann mir halt nicht alle 4783 Studentinnen, die in Wien Englisch studieren, merken. Schon gar nicht jemand aus dem allerletzten Uni-Seminar überhaupt, das ich besucht habe. Und mit der ich dann auch noch ein Referat gemeinsam gehalten habe. Wenn ich so ein gutes Gedächtnis hätte, könnt ich ja zu „Wetten, dass“ gehen!!). Warum waren sie zu spät? Irgendwas von Flug aus Nordirland und quer durch London müssen und blabla… So, weiter im Text: Jetzt muss man zunächst einmal wissen, dass der Dungeon eine Touristenattraktion ist, wo einem ein schauerlicher Grusel eingejagt und man mit blutrünstigen, interaktiven Geschichten quasi psychisch gefoltert wird. Jetzt wäre das Warten an sich ja nicht ganz so schlimm gewesen. Da unsere kleine Gruppe noch nicht vollständig war, durften wir aber nicht einfach so rein gehen, sondern mussten zunächst draußen warten. Das Problem an der ganzen Sache war aber, dass ich die ganze Zeit über schon auf die Toilette musste. Und wer mich und meine Darmperistaltik kennt, weiß was echte Folter ist: eine Stunde lang „die Kinder nicht beim Pool abliefern“ zu können. Da wird doch glatt auf Mord, Grauen und Gruselgeschichten geschissen. DAS vergesse ich den beiden Damen nie! Im Dungeon selber wird im Vorfeld gewarnt, dass schwangere 12-jährige mit Herzproblemen eher nicht hineingehen sollten, weil es eben so furchterregend ist. Im Nachhinein würde ich sagen, dass zum Beispiel sowohl ein Hansi Hinterseer-Konzert als auch jede Nahaufnahme von Jeannine Schiller angsteinflößender ist. Ich habe jedenfalls keine einzige schwangere 12-jährige mit Herzproblemen kollabieren sehen. Es waren auch insgesamt wenige davon in London unterwegs, wenn ich ehrlich bin. Dann haben wir noch eine Runde mit dem London Eye gedreht, ich war noch mit anderen österreichischen Assistenten einen Christkindlmarkt besuchen und essen. Anschließend haben wir eine Geburtstagsparty gecrasht und den Abend in einem Club beendet, wo es 20er-Jahre Musik gespielt hat und aus riesigen Schüsseln Cocktails getrunken wurde. Am Sonntag war Madam Tussaud angesagt. Das war sehr nett und man hatte viel Spaß, das muss man wirklich sagen. Die Restpromille haben sicherlich das ihre dazu beigetragen. Weiters wurde noch ein nicht-existenter Christbaum vor dem Buckingham Palast gesucht und erledigt vom Schlafmangel und dem viele Herumlaufen sind wir dann in ein 2-stöckiges Pub essen gegangen. Dort hat uns ein überaus eifriger Kellner bedient und als wir Dummerchens zunächst einmal wissen wollten, was in einer bestimmten Nachspeise so drinnen ist, hat uns der gute Mann zurecht gewiesen und erklärt: „I am not the cook.“ Ja, darauf hätten wir natürlich auch selber kommen können, da er ja keine weiße Haube auf hatte. Unser Fehler. Anschließend hatten wir Glück, dass wir nicht auch noch rausgeworfen wurden. Impertinent und großkotzig wie ich bin, habe ich ihn gebeten, mir einen Kaffee zu bringen. Verständlicherweise hat mir der Kellner sofort klar gemacht, dass er das nicht tun kann, weil der doch im unteren Stockwerk gemacht wird. Irgendwie war dann aber doch mein Glückstag und er lies sich dazu herab, diese, einem Kellner eigentlich nicht geziemte Arbeit zu erledigen und mir einen Kaffee an den Tisch zu bringen. Ich glaube, die „Mitarbeiter des Monats“-Prämie ist ihm so gut wie sicher!

Am letzten Wochenende habe ich dann noch schnell das Nachtleben ausgekostet, der Caroline das Walzertanzen beigebracht, Palatschinken gemacht und grundsätzlich wenig geschlafen. Tja, das wäre es von mir gewesen von den ersten 3 Monaten in England, jetzt wird es Zeit zu packen und nach Hause zu reisen. In das oberlippen- und spanierlose, aber Tipp-Ex-reiche Land der funktionstüchtigen Badewannenstoppel, wo keine Stoffknappheit die Damen an den Rand einer Lungenentzündung bringt! In diesem Sinne wünscht euch Frau Swinger: Merry Xmas allerseits!