Montag, 14. November 2011

Tipp-Ex, Gartenzäune, Lollipop-Männer, Spanier, Zwerge, die Badewanne und ich

Ich habe ja schon lange nichts mehr von mir hören lassen. Das hängt einerseits mit den Ferien zusammen, die ich nach den ersten drei, anstrengenden Wochen natürlich schwer verdient und mit Herumreisen ausgefüllt habe. Andererseits an einer mittelschweren Erkrankung, die mir die Laune am Blog schreiben etwas vermiest hat. Eine Deutschlehrerin meinte, ich hätte wohl die "man flu", also die Männergrippe, aber so wehleidig bin ich auch wieder….ok, vielleicht war es nur die "man flu". Aber Kopfweh hatte ich wirklich.

Egal, gehen wir vorerst mal zu angenehmeren Dingen. Geburtstagen. Fred, ein Französischassistent, hatte seinen 21. Ja, ich bin ein kleeeein wenig älter als der Rest hier. Aber es gibt ja noch Patricia, die 29-Jährige Spanierin. Die Worte „Oma“ und „Opa“ sollen schon ein-, zweimal gefallen sein. Tststs, die Jugend von heut, kein Respekt mehr vor dem Alter! Zurück zum Geburtstag. Als ein paar freche Einbrecher dem guten Fred aus seinem Auto in der Nobelgegend, wo sich seine Schule befindet, das Türschloss raus gebohrt hat, hat man bei der Gelegenheit auch gleich die Tasche mit all seinen Dokumenten, Ausweisen, Kreditkarten usw. entwendet. Also durfte der Fred seinen 21. Geburtstag nicht in einem Club feiern, weil man in solche meist nur mit Ausweis reinkommt. Aber es gibt in Manchester Gott sei Dank, ein oder zwei Ausweichmöglichkeiten. Später spielte es noch irgendwo „La Isla Bonita“, es gab Jägerbombs und der Abend war gerettet. Apropos Madonna: Madonna Mia, was es hier für Spanier gibt in Manchester. U-hu-hu-hunglaublich. Man kann nirgendwo hingehen, ohne dass man einer Horde Espagnols gegenübersteht. Kaum steht man von seinem Platz auf, um z.B. die Sanitäreinrichtungen zu besichtigen, schon hockt ein Pedro auf deinem Sessel. Sobald man sich länger als 5 Minuten mit einem Mädel unterhält, vielleicht sogar noch eine Spanierin, hat man schon einen Diego im Genick sitzen. Keine Ahnung, wo die alle herkommen. Ich bin aber überzeugt, dass im Moment ein guter Zeitpunkt für einen Spanienurlaub ist, da es quasi menschenleer sein muss, weil alle hier in Manchester sind.

Whatever. Jetzt ein bisschen Lokalkolorit. Wie man weiß, bin ich ja ein begnadeter Wäschewascher vor dem Herrn. Was das Reingeben in die Wäschetrommel betrifft (man beachte den Fachterminus), kann mir niemand Feinwäsche für Buntwäsche vormachen (jetzt wird’s unheimlich, gell?!). Interessanterweise funktioniert das Aufhängen der Wäsche zum Trocknen in England ein wenig anders wie bei uns. Hier benutzt man keine handelsüblichen Wäschespinnen oder -ständer, sondern einen kleinen Teil des Gartenzauns, den man abmontiert und zweckentfremdet. Woher man diesen bekommt, wenn man z.B. keinen Garten hat, weiß ich nicht.

Hier das Foto zum Beweis, sonst heißt es wieder, das stimmt ja alles gar nicht und die Engländer benutzen doch einen Wäscheständer statt einem Holzzaun und in Spanien sind eh noch Spanier.

Dann habe ich vor kurzem einen schweren Fehler und mir dabei einen gefährlichen Feind gemacht: den Lollipop-Mann! Das ist der gute Mensch, der dafür sorgt, dass die Schüler beim Überqueren der Straße nicht von Autos überfahren werden. Folgendes Szenario: Ich steige am späten Vormittag aus dem Bus. Der Lollipop-Mann sieht mich und nickt wissend. Ich nicke wissend zurück. Der Lollipop-Mann geht in Richtung Straßenmitte und beginnt seine Riesenstange mit dem Stop-Zeichen in die Höhe zu heben. In diesem Augenblick betrete ich die Fahrbahn und kreuze die Straße. In der Mitte angekommen, wirft mir der Lollipop-Mann einen giftigen Blick zu und sagt:„Don’t cross until I am in the middle of the street!“ Ich verlasse schnell den Ort des Geschehens und irgendwie kommt mir jetzt immer wieder der Gedanke beim Überqueren der Straße, dass der Lollipop-Mann vielleicht einmal ganz „versehentlich“ den Verkehr doch nicht vollständig für mich aufhalten wird….

… ob eine Packung Mozartkugeln, dass vielleicht wieder gerade biegen kann?

Sprechen wir doch wieder davon, warum ich eigentlich hier bin! Nein, nicht Fortgehen und Bier trinken. Also, gut, ja. Das ist ein wichtiger Grund. Aber davon ein anderes Mal mehr. Jetzt mal Schule. Wie ich schon erwähnt habe, sind die Lehrerinnen alle sehr freundlich zu mir. Umso mehr überrascht hat mich folgende Begebenheit: in meiner wahnsinnigen Kreativität wollte ich bei der Vorbereitung auf die Stunde mit einer Schülerin bei

einem Cartoon den Text austippexen (so heißt das Verb, ich muss es wissen, ich unterrichte hier Deutsch). Also frage ich meine Chefin, ob sie mir ihr Tipp-Ex kurz borgen kann. Was ich natürlich nicht wissen kann, ist, dass in England zurzeit die größte Korrekturflüssigkeits-Knappheit seit der großen Tintenkiller-Krise 1987 herrscht. Die Lehrerin nimmt also ihr Tipp-Ex aus ihrem Federpennal, dreht es 3-mal in ihrer Hand hin und her und lässt mich dann, während sie es wieder zurücklegt, wissen, dass dies ihres ist und ich mir selber eines kaufen soll. Tja Freunde, so kann ich das englische Bildungssystem natürlich nicht retten!

Eine weitere Skurrilität betraf meinen Einsatz in einer Klasse, welche erst seit kurzem Deutsch lernt und die Burschen daher nur die Du-Form beherrschen. Die Lehrerin hat dann meine Chefin vom Department gefragt, ob die Schüler die 5 bisher gelernten Fragen an mich stellen dürfen. Die Antwort darauf war natürlich „Nein“, weil ich dann beleidigt sein würde, wenn man mich nicht mit „Sie“ anspricht. Mein Ruf als Wahrer der Etikette und der guten Manieren ist mir wieder mal vorausgeeilt. Wir haben es dann natürlich trotzdem gemacht, weil ich einfach eine coole Socke bin. Respect und peace out!

So, jetzt wieder zur Freizeit. Wie bereits erwähnt, waren dann schon mal wieder Ferien. Also sind Fred, der besagte Franzose, Patricia, die erwähnte Oma, und ich in Richtung Ostküste gefahren. Ein weiterer, ständiger Begleiter auf der Reise war Fred’s Zwerg. Etwas schweigsam der Bursche, aber sehr umgänglich und flexibel und war bei jedem Spaß dabei. Ziel der Reise war Newcastle. Von dort haben wir dann Ausflüge in alle Himmelsrichtungen unternommen. Um das ganze ein bisschen abzukürzen, hier eine absolut unvollständige Aufzählung der Highlights Ostenglands:

Die Molkerei, welche den Lieblingskäse von Wallace & Gromit herstellen. Da haben wir doch gleich mal 25 Sorten Käse gratis verkostet.

Das Schloss, wo Harry Potter im Film fliegen lernt und jetzt unzählige Kinder dasselbe versuchen. Wie ich gehört habe, meist ohne Erfolg.

Die Stadt, wo ein Großteil der Handlung von Dracula spielt. Nein, wir waren nicht in Transsylvanien; Whitby heißt die hübsche Küstenstadt.


Was gibt es sonst noch über den Trip zu berichten? Also ich weiß, dass viele jetzt neidisch sein werden, aber wir haben doch tatsächlich - bitte festhalten - und auch eher zufällig sogar - Trommelwirbel - den Wasserfall besucht, in dem Kevin Costner in „Robin Hood“ nackt gebadet hat. Wahnsinn, oder?! Und als ob das nicht schon genügen würde, um in völlige Ekstase zu verfallen, ist das auch noch der höchste ununterbrochene Wasserfall Englands mit - festhalten - über 30 Metern. Irre, ich weiß. Mhm, der dreckige Rinnsal rechts ist besagter Wasserfall.

Was war sonst noch… im Auto wurde viel „Sound of Music“ gesungen, mein Hinterteil war oftmaliges Gesprächsthema und mein neuer Spitzname ist jetzt Kiko. Der Grund hierfür ist recht einfach. Ich sehe einfach einem Charakter aus einer mexikanischen Sketch-Show ähnlich. Natürlich. Wie könnte es anders sein.

Den zweiten Teil der Ferien habe ich dann mit Schwesterherz, Schwagerlein und Lieblingnichte beim Extreme-Sightseeing verbracht. Rauf, runter, rein, raus, Norden, Osten, Süden, Westen. Aaaaalles gesehen! Abends war dann im einem Pub in London - dem Sherlock Holmes - mit österreichischen Assistenten Ausgehen angesagt bzw. Halloween in einem Club. Ein seeeehr anstrengendes Wochenende, welches dann auch seinen gesundheitlichen Tribut gefordert hat, wie ja schon am Anfang erwähnt. Davon aber das nächste Mal mehr....



...und jetzt habe ich ja noch gar nicht die Geschichte mit der Badewanne erzählt….Tja, mehr, wenn ihr mich wieder seht! Ihr müsst unbedingt gucken, wie’s weitergeht!

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