Anschnallen. Festhalten. Bereit für Stimmung, Spaß und gute Laune? Für Abenteuer epochalen Ausmaßes? Hier kommt der ereignisreichste Eintrag in meinen Blog seit langem. Ach, was sag ich. Mein bester Blog-Eintrag überhaupt. Ich will natürlich keine zu hohen Erwartungen schüren, aber ehrlich: Dieses Mal wird meine Badewanne und Wassermangel oder Wasserüberschuss in keinem einzigen Satz erwähnt. Es gibt keine Tripleflugbuchungen und keine Friseurbesuche. Dieses Mal jagt wirklich ein Highlight das nächste. Gags am laufenden Band und e

s gibt sowohl Tiere als auch internationale Gäste: von der Insel, vom Festland und ich selber reise ins exotische Nordirland. Wer sich am Ende dieses Eintrags nicht in völliger Ekstase befindet, sollte schleunigst seine Antidepressiva höher dosieren. Was jetzt kommt, ist nämlich ein Höhepunkt ungeahnten literarischen Ausmaßes. Ein Leckerbissen der abendländischen Hochkultur. Superlative versagen beim Beschreiben der nächsten Zeilen…
…daher ohne weiteres Hinauszögern:
Episode 1: Der Hundezahn aus der Hölle
Fallowfield: Etwas außerhalb des pulsierenden Herzens Manchesters liegt ein kleines Viertel, welches für mich zur Heimat im fernen Britannien wurde. Ein Bezirk, in dem Studenten, junge Familien und Menschen mit Migrationshintergrund die Vorzüge der Stadt inmitten des spröden Charmes eines Vororts genießen können. Das bedeutet hier in England, dass jedes
Haus gleich aussieht (rote Ziegel, einen kleinen, ungepflegten Vorgarten, Wäsche im Hof hintern Haus, usw…) und dass kleine Eckgeschäfte, Pizzashops und Friseurläden die Straßenzüge prägen. Manchmal sind es mehr Eckgeschäfte, manchmal mehr Friseurläden. Inmitten dieses Trubels wohnen Caroline und ich in unserem Wohnblock in einem Idyll der Ruhe und des Friedens, einer Oase der Harmonie, ja ich würde fast sagen, einem Paradies für Körper und Seele. Abgesehen natürlich vom ohrenbetäubenden Lärm der Kinder von der Volksschule gegenüber und den Messerstechereien im nahe liegenden Park. Zu diesen Attraktionen hatte sich nun ein neuer Mitbewohner dazugesellt. Vor über einem Monat konnte man plötzlich ein Winseln aus der Wohnung unter uns vernehmen. Dieses Winseln wurde langsam zu einem Kläffen bis es schließlich zu einem lautstarken Bellen heranwuchs und uns klar wurde: unsere lieben Nachbarn haben ein neues Haustier. Worum es sich handelt, konnte jedoch nicht einwandfrei geklärt werden. Es sieht aus wie ein Hund, ähnlich einem Golden Retriever, aber er ist schneeweiß und ernährt sich von Kühen oder anderen Tieren derartigen Körpervolumens. Woher weiß ich das alles? Nun, ES lebt meistens in der Wohnung, aber manchmal hält es sich auch auf dem 1 mal 3 Meter großen Balkon auf und die zerstückelten Stofftiere lassen nichts Gutes ahnen. Und die auf dem Balkon herumliegenden Oberschenkelknochen haben Dimensionen, die ich das letzte Mal im naturhistorischen Museum in Manchester in der Dinosaurier-Abteilung gesehen habe. Caroline meinte am Beginn scherzhaft, dass es wohl ein Eisbär sein dürfte. Wenn sie jetzt an der Wohnung oder dem Balkon leise vorbei schleicht, ist jedoch kein Lächeln mehr auf ihrem Gesicht erkennbar. Alles, was sich bewegt, wird angeknurrt und mit gefletschten Zähnen zu einer erhöhten Geschwindigkeit angespornt. Unsere Nachbarn fühlten sich bestimmt sehr sicher, der Rest des Häuserblocks lebte in Angst und Schrecken. Eines schönen Tages war jedoch ein Briefchen im Postkasten, in welchem uns erklärt wurde, dass der Vermieter unter uns nicht wusste, dass Hunde in unserem Wohnblock verboten sind und dass versucht wird im nächsten Monat einen neue
n Platz für das Tier zu finden. Und man solle doch bitte den Lärm entschuldigen, aber der Arme zahnt gerade. Am nächsten Tag ist wieder ein Schreiben im Kasten. Dieses Mal von einem besorgten Nachbarn. Wortlaut in etwa: „Das nette tschechische Ehepaar mit dem allerliebsten Tier soll doch bitte die Möglichkeit bekommen im Wohnblock bleiben zu dürfen und wer das auch denkt, soll doch bitte die Petition „Rettet das Monstertier in Tür 8“ unterschreiben.“ Oder so ähnlich. Jedenfalls dürften nicht viele Bewohner aus Block 6 einen „Ich bremse auch für Tiere“-Aufkleber am Auto haben, denn schon bald war die Wohnung leer und Tschechen sowie Untier gehörten der Vergangenheit an. Traurig, traurig. Aber mich und Caroline interessiert das nicht so sehr, weil wir ja ohnehin bald ausziehen….Und Fallowfield bedeutet übersetzt übrigens ungefähr soviel wie Brachacker.
Episode 2: Ein Kommen und Gehen
Zuerst war mal die Babsi da. Da ich noch nie Gäste hatte, waren meine Erfahrungen als Tourguide etwas beschränkt und meine Anekdoten über Liam Gallagher und Eric Cantona etwas eingerostet. Nichtsdestotrotz habe ich ihr alle Sehenswürdigkeiten Manchesters gezeigt. Unter anderem das zweitkleinste Pub der Stadt. Das kleinste Pub Manchesters ist nämlich natürlich eine Touristenfalle, wo ich nie im Leben meine Gäste hinbringen würde. Dass das kleinste Pub der Stadt 20 Meter neben dem zweitkleinsten Pub Manchesters liegt und wir es übersehen haben, ist sicherlich nicht der Grund dafür. Nach diesen Stunden des intensiven Eroberns der Stadt war Karaoke und abendliche Tanzunterhaltung in einer Disko angesagt. Dort traf man die Haute-voilée von Manchester inklusive eines halbnackten Menschen mit Unterhose auf dem Kopf. Ja ja, ich verkehre nur in den besten und coolsten Clubs. Beim Gehen habe ich dann noch einen Schal mitgenommen, in der fixen Überzeugung, dass dieser der Patricia gehört. Dem
war nicht so. Als ich am nächsten Tag den Schal vorbildlich zur Bar zurückbrachte, zeigte mir der Kellner, was der Ausdruck „I don’t give a fuck“ bedeutet. Aber mir kann es egal sein, was er mit dem Schal macht, mein Gewissen war beruhigt.
Eine Woche später kam der Walter auf Besuch. Das war natürlich „Hipstalei“ und da wusste ich dann schon, wo die besten Plätze, die geilsten Clubs und die hippsten Viertel sind und die Fun Facts über Manchester nahmen kein Ende. Oder wer von euch wusste zum Beispiel, dass die Straßenbahn von Manchester in Österreich hergestellt wird. Wahnsinn, gell!? Es wurde sehr viel über die große Anzahl an Friseuren in Manchester diskutiert, wir haben sowohl den Wochenumsatz eines Donut-Shops sowie unseren Blutzuckerspiegel in schwindelerregende Höhen getrieben, Walter hat Angestellte des Kriegsmuseums an den Rand ihrer Friedfertigkeit gebracht und wir sind die Kanäle und Schleusen der Stadt entlang, immer wieder dieselbe Frage wälzend: „Wie funktioniert denn das genau?“ Tja, ein Psychologiestudium bereitet einen überraschenderweise nicht auf alle elementaren Fragen des Lebens vor. Darüber hinaus gab es
Burger, Bier und das Ausscheiden Man Uniteds in einem Pub. Also, United ist nicht im Pub ausgeschieden, sondern wir haben es uns im Pub…eh klar. Wir sind mit dem Manchester Wheel gefahren, welches jetzt hier ab- und in Edinburgh wieder aufgebaut wird. Mit David, der Walter den anderen Deutschlehrern als „strong, hairy giant“ beschrieben hatte, waren wir in einem coolen Jazzclub und in einer Bar im Northern Quarter habe ich mal zur Abwechslung meine Telefonnummer ausgeteilt. Seltsamerweise hat sich die ca. 21-jährige Engländerin dann aber nicht bei mir gemeldet. Muss wohl irgendwo eine Nummer falsch aufgeschrieben haben… Jedenfalls waren das seeeeehr super Wochenenden!
Episode 3: Der letzte Walzer in Blackpool
Eines schönen Freitagabends zauberte ich ein österreichisches Dinner, welches Caroline, David und Rachael in minutenlangen Applaus und „Bravo“-Rufe ausbrechen ließ. Zuminde
st in meiner Erinnerung. Jedenfalls waren der Ziegenkäse im Speckmantel wirklich gut und die Schnitzel goldbraun. Der Erdäpfelsalat war zugegenermaßen nur mittelmäßig, aber der Kaiserschmarrn ganz manierlich. Rachael hat dann gleich bei mir übernachtet, damit wir am nächsten Morgen sofort nach Blackpool aufbrechen konnten. Das ist eine Stadt an der Westküste, welche lange Zeit ein beliebter Ferienort war und wo es noch immer eine schöne Strandpromenade und einen Vergnügungspark gibt. An dieser Promenade steht auch der berühmte Blackpool Tower, der dem noch berühmteren Eifelturm nachempfunden ist und in dem sich auch ein Tanzsaal befindet, wo sich ältere Damen und Herren mit ernster Miene zu den Klängen eines Wurlitzerspielers (damit ist eine Orgel gemeint) im Kreise drehen. Beim Erklingen eines Walzers
haben Rachael und ich dann erstens die Tanzfläche gestürmt, zweitens damit den Altersschnitt im Raum um Jahrzehnte gedrückt und zu guter letzt auch die Herzen der spärlichen Zuseher mit unserem Herumgestolper erobert. Eine Dame meinte, sie mochte unseren Tanzstil, weil wir gut so gut gelaunt waren und nicht nur ernst dahin stolziert sind wie die anderen Paare. Sie hätte auch sagen können, es war lustig unseren tollpatschigen Tanzbemühungen zuzusehen. Aber das Kompliment nehmen wir auch so gerne an. Dann haben wir noch traditionsgemäß Fish and Chips gegessen, bei der Herstellung von Rock Candy zugesehen, sind mit einer Achterbahn gefahren, die in einem schweizerischen Ambiente angesiedelt ist und eine riesengroße österreichische Fahne zu bieten hatte. Geographie 5. Danke, setzen. Dann wurden noch Zuckerwatte und Donuts gegessen und das Kind in mir hat Purzelbäume geschlagen. Was für ein toller Tag!!
Episode 4: Der Fisch ist Schuld!
Nach diesen ereignisreichen Wochenenden, gab es keinerlei Zeit zum Ausruhen, denn schon stand Nordirland am Programm. Vier Tage. Und St. Patrick’s Day. Und das ganze mit dem Ausblick endlich
meine Durststrecke in der Aufreißzone zu beenden. Ein Land voller Rothaariger, die nichts anderes wollen, als österreichische Sprachassistenten zu beglücken. Ein Land, wo man keinen Abend alleine nach Hause gehen muss, wo selbst die Erfolgsquote von schielenden, zahnlosen Buchhaltern mit sehr unvollständiger Briefmarkensammlung bei 100 Prozent liegt. So hat sie gesagt, die Katharina. Und ich will nicht unbescheiden sein. 2 Eroberungen kann ich mit Fug und Recht verbuchen. Aber alles der Reihe nach.
Am ersten Abend wurde Mal ein Pubquiz besucht und die Dorfdisko. Das war aber natürlich nur zum Aufwärmen für die Tage und Nächte, die noch folgen sollten. Übernachtet habe ich übrigens bei der Katha am Hundeplätzchen auf einer Matratze vor dem Bett der Mädels. Ja, die Mädels, Plural. Wie man als eifrige/r LeserIn schon weiß, fahre ich nirgends im Königreich ohne die Babsi Brugger hin. Am nächsten Tag hat das dynamische Duo dann auch gleich einen megacoolen Tagesausflug zum Giant’s Causeway gemacht. Vor der Abfahrt wurden wir gefragt „Are you Barbara?“, worauf ich sofort geantwortet habe: „Yes, that’s me.“ Mein unbewusster Wunsch Barbara genannt zu werden, war mir bis dahin unbekannt. Dem Tourguide war das etwas suspekt, woraufhin er uns sofort zu einem anderen Tourunternehmen verwies. Das hat aber auch geklappt und schon ging’s los. Der Fahrer/Guide redete ununterbrochen und ständig teilte er uns mit, dass er hier oder da oder dort nicht stehen bleiben darf, weil es viel zu gefährlich sei, was ihn aber natürlich nicht davon abhielt hier und da und dort trotzdem stehen zu bleiben und daher waren gemäß seinem Rat unsere „fingers crossed“. Quasi 9 Stunden durchgehend Daumen gedrückt. D
arüber hinaus erzählte uns lustige, romantische, spannende Geschichten über die Land und Leute und jede einzelne endete mit den Worten „…and then they were all killed“. Vermutlich nicht genug die Daumen gedrückt die Armen! Aber schlussendlich den Giant’s Causeway gesehen. Das einzige, was auf meiner „10 Dinge in Irland, die man gesehen haben muss“-Liste noch gefehlt hat und jetzt auch abgehackt ist. Yippie! Die Babsi hat sich so gefreut, dass sie dort gleich den Boden geküsst hat. Die Leut aus den Bergen, immer das falsche Schuhwerk.
Zurück n Belfast haben wir dann einen riesigen Fisch aufgesucht, der einem, wenn man ihn küsst, Glück in der Liebe bringt. Das haben wir noch schnell erledigt und abends waren dann diverse Bars, Pubs und Clubs angesagt, um das neuerworbene Glück auch gleich auszuprobieren. Was soll ich sagen, noch am selben Abend konnte ich mich vor den Avancen eines jungen Herrn kaum retten. Und ja, das zählt! Am Samstag war dann St. Patrick’s Day und wir waren Parade schauen. Am Tag de
s irischen Nationalheiligen bleibt naturgemäß keine Kehle trocken und kein Mund ungeküsst. Hat die Katha gesagt. Also abends wieder ausgegangen und man kann es sich wahrscheinlich schon denken, wer die Ausnahme von der Regel war. Da ich wieder und zwar dieses Mal, den Verlockungen eines bisexuellen Herrn ausgesetzt war, kann ich wohl erneut einen offiziellen Aufriss verbuchen, aber es bleibt doch ein schaler Nachgeschmack. Heute ist die Nacht der Nächte, hat die Katha gesagt. Da geht sicher was, hat die Katha gesagt. Mhm. Ich gebe eindeutig dem blöden Fisch die Schuld.
Was gibt es noch über Nordirland und deren Bewohner zu berichten? Über die Sprache hier kann man sagen, dass ein/e Nordire/in die mündliche Matura in Englisch in Österreich höchstwahrscheinlich nicht schaffen würde. Die Aussprache, der Wahnsinn. Jeder Vokal wird grundsätzlich anders ausgesprochen wie es dem Standardenglisch entsprechen würde. Und auch wenn es definitiv mehr rothaarige Menschen in Nordirland gibt, sie haben doch den gleichen Schminkwahn und Dresscode wie in Manchester.
Am Tag der Abreise wurde uns noch beiläufig mitgeteilt, dass wir die letzten 4 Tage in einem ultrakonservativen, protestantischem Viertel mit Hasstendenzen gegenüber Touristen gelebt haben. DAS hat sie mir nicht gesagt, die Katha! Aber wenn man meinen Abschiedskuss von Kathas Mitbewohnerin mitrechnet - ich habe die österreichische Doppelkussvariante probiert, während sie wohl nur die einseitige erwartete, was damit endete, dass wir uns gegenseitig das Gesicht und/oder die Haare abschleckten - dann war das Wochenende in Belfast eindeutig ein Riesenerfolg. Spaß gemacht, hat es allemal!
Ok, jetzt, wo ich mit dem Schreiben fertig bin, muss ich gestehen sooo besonders war der Blog-Eintrag jetzt vielleicht doch nicht. Das mit dem Hund ist ja eher traurig. Also, für das tschechische Paar und die Ausgeburt der Hölle zumindest. Und meine amourösen Abenteuer sind auch nicht gerade filmreif. Aber nächstes Mal schreibe ich über noch mehr rothaarige Menschen! In Schottland! Das wird sicher ein Wahnsinnsbericht. Vielleicht. Naja, eher nicht…