Nun, da wäre mal die erste Arbeitswoche. Ich muss grundsätzlich einmal um 6:10 Uhr aufstehen, verlasse das Haus um 6:45 Uhr und bin dann kurz nach 8:00 Uhr in Schule. Audenshaw ist also quasi nur einen Steinwurf von meiner jetzigen Wohnung entfernt. Man muss ihn halt sehr, sehr, sehr weit werfen. Man gewöhnt sich aber an alles, hat ja auch einen netten Ausblick von den Doppeldeckerbussen, kann lesen oder sich mit Vladimir unterhalten. Wie man schon vom Namen schließen kann, ist er der Französischassistent an meiner Schule, 21 Jahre alt und sehr nett.
In der ersten Woche wurden wir herumgeführt, einigen Leuten vorgestellt und haben versucht einige administrative Dinge zu klären. Die Lehrerinnen im Deutschdepartment sind alle nett und haben alle Pläne, was sie von mir in der nächsten Zeit wollen. Das heißt, es wird auf jeden Fall einiges zu tun geben. Ob alles sehr interessant und spannend wird, wage ich eher zu bezweifeln, aber mal sehen.
Hier rechts sieht man übrigens die Personifikation von smart-casual. Der Teaching Assistant von Welt trägt Hemd und eine schöne Hose. Die Krawatte sagt "Ich bin wichtig, daher trage ich eine Krawatte". Das Sakko unterstreicht das, was die Krawatte sagt. Hemd und Hose sprechen nicht so viel.
Ich habe mich in dieser Woche vermutlich 15-mal in den einzelnen Klassen vorgestellt und die Kids haben mich zuerst alles auf Deutsch gefragt, was sie schon gelernt haben: „Wie ist dein Name?“ „Wie schreibt man das?“ „Wann hast du Geburtstag?“ (Ich denke, sie wollen mir alle etwas schenken, richtig?!) „Was sind deine Hobbies?“ „Was ist deine Lieblingsfußballmannschaft?“ Dies ist natürlich eine knifflige Frage und die Antwort führt zwangsläufig zur selben Reaktion. Sagt man „Manchester City“ werden 49% der Hände jubelnd in die Höhe gerissen und es wird freudig gejohlt, während die restlichen 49% in ein „Buh“-Konzert einstimmen und bereits anfangen zu planen, wie sie mich am besten in einen Hinterhalt locken können um mir eine ordentliche Tracht Prügel zu verpassen. Sagt man „Manchester United“, dann ist es natürlich genau umgekehrt, man kann den hasserfüllten Blicken und drohenden Fäusten also nicht entgehen. Klassische Lose-Lose Situation. Die restlichen 2% sagen, sie interessieren sich eher für Rugby und werden vermutlich von allen verprügelt. Andere Fragen drehten sich um jede weitere erdenkliche Sportart, um mögliche girlfriends, ob es in Österreich McDonald’s gibt und ob die dort dasselbe verkaufen wie in England. Oder sie wollten wissen, ob ich einen Wohnwagen habe und ob ich Türen besitze. Das Vokabular ist scheinbar etwas begrenzt, das Interesse an Türen etwas unverständlich.
Vladimir geht es da nicht besser. Der muss ständig erklären, warum er Schnecken isst und was die Hauptstadt von Finnland ist. Wie gesagt, man fragt halt, was man gelernt hat.
Was kann man nach einer Woche noch über die Schule sagen….also Disziplin wird auf jeden Fall groß geschrieben. Die Hemden der Schuluniformen müssen immer eingestrickt werden, die Krawatte gut gebunden und der oberste Knopf zu sein. Es ist grundsätzlich sehr leise im Unterricht, wenn man bedenkt, dass es schon mal 25 Buben im Alter zwischen 11 und 18 Jahre sein können. Ansonsten wird schnell mal ermahnt, mit einem Verschlechtern der Noten oder Nachsitzen gedroht. Da ist es dann schnell mal mucksmäuschenstill im Klassenzimmer. Nachsitzen kann dann schon mal heißen, dass man 100-mal „Ich darf nicht tratschen.“schreiben muss. Am Montag war ich auch sehr überrascht, als ich einen Junge sah, der vor dem Lehrerzimmer ganz angestrengt die Wand anstarrte. Nachdem ich nichts gesehen habe, hab ich ihn dann mal stehen lassen. Da dies dann doch öfters vorkam, wurde mir erst klar, dass das eine Bestrafung ist. Das alles ist zwar nicht mein Stil, aber ich muss sagen, an das ständige „Sir“ (von einem Kopfnicken begleitet) und „Guten Tag, Herr Zwinger“ im Haus kann ich mich, glaube ich, gewöhnen. Auch das Privileg in der Cafeteria sich vordrängen zu dürfen ist nicht gerade unangenehm. Dort gibt es dann meist 2 Hauptspeisen um 2 Pfund und einige andere warme oder kalte Dinge zu kaufen. Sehr praktisch.
Ansonsten habe ich mir wieder etliche Wohnungen angesehen und es sind zwei, drei interessante dabei gewesen. Ich hoffe, dass ich bis Ende nächster Woche eine fixe Bleibe gefunden habe. Dann hat mich 02 bei meinem Handyvertrag beschissen, was zu meinem sofortigen Wechsel zu Lebara geführt hat. Während ich das getan habe, habe ich inzwischen mit angesehen, wie ein alter Mann von einem Doppeldeckerbus angefahren wurde. Es hat dann etwa 20 Minuten gedauert, bis die Rettung gekommen ist. Wahrscheinlich war man sich nicht sicher, ob es sich noch auszahlt. Am interessantesten war aber der Versuch ein Bankkonto zu eröffnen. Kim, eine Deutschlehrerin, hat mich zu HSBC gebracht. Die wollten aber eine andere Bestätigung meiner Wohnadresse in Englang. Phil hat mir einen hübschen einseitigen Mietvertrag geschrieben mit allen relevanten Infos, aber das war ihnen irgendwie zu wenig. Oder die Schule schwört eben bei allem was ihnen heilig ist, dass ich bei Phil wohne. Hatte ich jetzt aber auch nicht zur Hand. Ich hätte ihnen auch meinen österreichischen Meldezettel geben können. Macht natürlich Sinn, in England. Da ich den nicht hatte, bin ich zur Royal Bank of Scotland. Da wurden mal ruckzuck alle Daten eingeben, aber dann hieß es doch, man wolle einen richtigen Mietvertrag. Ja, DAS kann man aber von Phil wohl nicht erwarten. Der hat ja nur Jus studiert und als Anwalt und Immobilienmakler gearbeitet. Der hat natürlich keine Ahnung wie ein „richtiger“ Mietvertrag aussehen muss. Also zur nächsten Bank. Da hatte ich nun, da ich ja schon klüger war, meine Bestätigung von der Schule mit, dass ich eh bei Phil wohne. Leider wollten die bei Barclays aber dann entweder eine Stromrechnung von mir mit meinem Namen und Adresse drauf (aber ich zahle natürlich keine Rechnungen, das macht ja unverständlicherweise mein Vermieter Phil). Oder meine englische Sozialversicherungskarte. Weil die Versicherung weiß natürlich viel besser, ob ich bei Phil wohne. Logisch. Zu guter Letzt bin ich dann zu Lloyds und die waren fahrlässigerweise mit Reisepass und Schulbestätigung zufrieden. So öffnet man subversiven Kräfte, Anarchisten und Terroristen natürlich Tür und Tor. Wenn die wüssten, wem sie da ein Konto gegeben haben, die werden sich noch wundern, was ich da für Schundluder mit dem Konto treibe. Einzahlen, überweisen, abheben…Muuuahahaha!
Wettertechnisch hat sich einiges geändert. Waren die ersten Tage von wolkenlosem Himmel und strahlendem Sonnenschein gekennzeichnet, so wechseln sich jetzt Regen, Regen und gelegentlich Regen ab. Aber hauptsächlich Regen. Man kann da natürlich verstehen, dass sich die guten Menschen hier alle sehr luftig und leicht anziehen, wenn es mal ein paar Sonnenstunden gibt. Und wir kennen ja alle auch die hübschen verbrannten Bäuche der englischen Männer in den südlichen Badeorten. Woher soll ein englischer Bauch denn soviel Sonne gewöhnt sein? Aber von der britischen Mode sprechen wir ein anderes Mal. So, jetzt ab ins Bett und hoffen, dass es morgen nur ganz wenig regnet.
Ob's wohl bald wieder regnet? ............................................... ........ Na sicher!
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