Freitag, 16. Dezember 2011

Eine haarige Sache

Der vergangene Monat war durch ungezügelten Haarwuchs gekennzeichnet. Oberlippen-technisch zumindest. Es war Movember. Das bedeutet, dass sich viele Männer im englischsprachigen Raum einen Moustache, also Schnurrbart, wachsen lassen, um auf Männergesundheitsthemen, Vorsorgeuntersuchungen, insbesondere für Hodenkrebs, aufmerksam zu machen und Spenden dafür zu sammeln. Und wenn ich sage viele, dann meine ich so mindestens vier, fünf Männer, die ich im letzten Monat gesehen habe, die mitgemacht haben. Möglicherweise. Das weiß man ja nicht so genau, manche finden das ja das ganze Jahr über schick. Die 12-jährigen Buben in der Schule waren natürlich ganz fasziniert von dieser schönen Gesichtsbehaarung, der Rest der Bevölkerung hat das ganze eher zwiespältig gesehen. Die Reaktion war immer die gleiche: zuerst ein respektvolles Kopfnicken, das ausdrückt „Cool, ich finde toll, dass du diese Sache unterstützt!“ und danach ein mitleidiges Lächeln, welches sagt „Du mein Freund, wirst dieses Monat nicht mal eine einzige Telefonnummer erobern, geschweige denn auch nur in die Näher einer Frau kommen!“. Man könnte auch sagen, dass der Schnurrbart ein natürliches Verhütungsmittel ist. Sehr verständlich, da der 80er-Jahre-Pornodarsteller-Look mindestens seit den 80ern nicht mehr ganz so gefragt ist. Wenn er denn das jemals war. Ein Betrunkener auf einer Herrentoilette hat das ganze jedenfalls so zusammengefasst: „If it wouldn’t be for Movember… you know it looks awful!“ Es soll jedoch auch nicht unerwähnt bleiben, dass ich einen Abend unterwegs war und eine etwa 40-jährige sehr beeindruckt von meiner Rotzbremse war. Zu späterer Stunde wollte sie dann auch noch mein T-Shirt haben. Nachdem ich ihre Angebote von 5 und 10 Pfund abgelehnt habe, wurden andere Arten der Bezahlung in den Raum gestellt, auf welche aus Gründen des Jugendschutzes hier nicht weiter eingegangen werden soll. Dies war die erfolgreichste Geschichte in Zusammenhang mit meinem Bärtchen und ich bin mir nicht sicher, ob erfolgreich der richtige Ausdruck ist. Wobei ich jedoch nicht die Tatsache unterschlagen will, dass unsere junge Nachbarin (verheiratet, 2 Kinder – nur um das gleich klar zu stellen), die immer wieder mal von ihrem Küchenfenster zu mir rüberwinkt, pantomimisch mitgeteilt hat, dass ihr der Schnurrbart sehr gut gefällt. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Außer vielleicht, dass sie noch nie zur Caroline rüber gewunken hat, obwohl die schon seit einem Jahr in dieser Wohnung wohnt. Hmmm….

Wenn wir schon beim Thema Ausgehen sind, dann schildere ich einmal kurz, wie das hier so in England funktioniert. Wichtig ist der Dresscode. Männer sehen aus, als würden sie gerade vom Fußballplatz kommen. Das heißt Jeans und Leiberl. Kurze Ärmel natürlich, unabhängig von Tages- oder Nachtzeit. Die Mädels wiederum laufen scharenweise in Glitzerkleidchen herum, welche natürlich fabelhaft zu den oben erwähnten T-Shirts der Burschen passen. Diese Kleidchen gibt es in den Ausführungen „kurz“, „ganz kurz“ oder „bitte-zieh-dir-dein-Kleid-runter-kurz“. Dazu trägt die Engländerin von Welt Extrem-Stöckelschuhe. Diese werden beim Heimgehen gerne in der Hand getragen, weil es physisch unmöglich ist, länger als 3 Stunden darin herumzulaufen. Die intelligenteren (oder zumindest die mit einer größeren Tasche) haben dann auch Sportschuhe eingepackt für den Nachhauseweg. Auch für die Damewelt gilt: Außentemperatur und Textilmenge stehen in keinerlei Zusammenhang. Beliebt bei den britischen Mädels sind interessanterweise diverse Amy-Winehouse-Memorial Hochsteckfrisuren. Was da an topf-, zopf-, turmähnlichen Gebilden als Frisur durchgeht, also ehrlich, so was Hübsches sieht man bei uns normalerweise nur an Samstagvormittagen beim Tele-Shopping Kanal, wo diese praktischen Haarschlingen angeboten werden. Ein weiteres auffälliges Merkmal an der Beauty-Front ist eindeutig der Make-up Verschleiß der Mädels. Was eine durchschnittliche, britische Mädelstruppe abends an Schminke aufträgt, würde Michelangelo genügen, um die Sixtinische Kapelle nochmals neu auszumalen! Hier geht’s beim Aufreißen scheinbar nur um Täuschen und Tarnen, aber, wie wir wissen, wenn der Bart das Wichtigste wäre, könnten die Ziegen predigen. Mittlerweile sind die Temperaturen noch dazu wieder etwas weiter gefallen, was aber natürlich nicht die geringsten Auswirkungen auf die britische Bekleidungswahl hat.

In touristischer Hinsicht kann ich erwähnen, dass ich in einem großen Park bei Dunham Massey spazieren war und die Stadt Chester besucht habe. Und in Liverpool war ich auch. Ui, da war's vielleicht windig und kalt. Sehr nette Stadt und in marketingtechnischer Sicht sind die Beatles quasi der Mozart von Liverpool. Die Jungs sind dort überall! Auf Häferln, auf Bildern, im Musical, aber hauptsächlich auf Häferln. Dann hätte ich fast 2 Manchester City Spieler im dazugehörigen Fanshop getroffen. Ja, so geht’s ab in good old Britain. Weiters war ich mit Fred mal im Gay Village. Irgendwie nett, aber man möchte natürlich nicht den ganzen Abend Wham oder „I will survive“ hören. Und es ist auch irritierend, weil man nicht weiß, ob es Sinn macht, die Dame anzusprechen. Man kommt sich ja vor wie beim Brieflos aufmachen: Ständig „Leider Nein“…. Und in manche Hetero-Lokalitäten durften wir dann gleich gar nicht rein, weil schon zu viele Burschen drinnen sind. Dann sind wir zufällig mal in einem Gothic Pub gelandet. Ein sehr skurriles Lokal. Also eigentlich ein normales Pub, aber ich bin mir mit meinem dunkelblauen T-Shirt inmitten all der schwarz gekleideten und mit schwarzem Lidstrich versehenen Menschen vorgekommen als hätte ich ein Hawaiihemd bei einer Beerdigung an. Doch die Musik hat eher zum Hawaiihemd gepasst und war happy peppy Tanzmusik. So fröhlich und gut gelaunt habe ich Goths auch noch nie herumspringen sehen. Sachen gibt’s! Und am Nachhauseweg wird dann schon mal ein Passagier, der nicht genug Geld für einen Fahrschein hat, von einem anderen mit einem Fußtritt aus dem Bus befördert, ohne dass es irgendjemanden stört. Da können einem schon die Barthaare zu Berge stehen!!

http://www.youtube.com/watch?v=iHSPf6x1Fdo&feature=related

Apropos Busfahren: habe ich mich am Anfang über die lange Anreise beschwert, so muss ich jetzt sagen, dass es auch zumindest eine gute Seite hat; ich lese so viel wie schon lange nicht mehr. Und was noch interessanter ist, beim Aussteigen bedankt man sich beim Busfahrer. Also nicht nur ich, alle machen das. Und er grüßt freundlich zurück! Ist das nicht nett?!

Von der Pub-Quiz Front gibt es auch Neuigkeiten. Einerseits war der Fragensteller einmal so nett und hat 20 Fragen zu Österreich, Deutschland, Spanien und Frankreich für uns vorbereitet. Andererseits waren wir entweder krank oder beschäftigt und sind natürlich dieses eine Mal nicht dort gewesen. Am nächsten Dienstag haben wir dann gleich katastrophal schlecht abgeschnitten und sind abgeschlagen Letzte geworden. Wahrscheinlich hat er ein wenig getrotzt. Und wie hat und das wissen lassen? Mit Fragen zu den Themen Golf, englische Geschichte und Musik aus den 60ern. Wir werden uns hüten, in Zukunft speziell auf uns zugeschnittene Ländersessions zu versäumen. Tja, wer nach dem Himmel speit, dem fällt der Speichel in den eigenen Bart. Aber, wie ein Phoenix aus der Asche hat das Team „Esperanto“ - verstärkt mit Engländern und Schotten – das folgende Mal die bisherigen Punkte fast verdoppelt und ist auf dem fabelhaften vierten Platz gelandet, nur 5 Punkte hinter den Gewinnern. Jaja, verspotte nicht den mit dem dünnen Barte, solange du selbst bartlos bist!

Mittlerweile ist auch eine weihnachtliche Stimmung hier in Manchester eingezogen. In den Wohnungen sieht man schon die frühzeitig festlich aufgeputzten Christbäume und überall glitzert’s und glänzt’s. Die Britannier putzen ihren Baum nämlich schon viel früher auf als wir und das gute Ding steht quasi den ganzen Dezember schon in der Wohnung herum. Als ich meinen Vortrag über die Weihnachtszeit in Österreich gehalten habe, habe ich immer wieder in geschockte Bubenaugen blicken müssen, als ich ihnen erklärt habe, dass bei uns der Baum erst zu Weihnachten aufgeputzt wird. Das und die Tatsache, dass der Krampus die schlimmen Kinder mit der Rute auf den Popo haut, werden wohl in den nächsten Tagen einige englische Jungs entsetzt aus dem Schlaf aufschrecken lassen! Weiters schießen natürlich bereits die Christkindlmärkte wie Barthaare aus dem Gesicht, äh, Schwammerl aus dem Boden und der Glühwein wird um kecke 3,50 Pfund feilgeboten. Die Bratwurst ist dreimal zu groß für das Minibaguette, am German Christmas Market verkaufen gelangweilte Französinnen Krimskrams und am French Christmas Market dreht dir Dirk aus Wuppertal die grauslichsten Palatschinken der Welt an!! Aber man geht dann natürlich trotzdem immer wieder gern hin. So viele schöne Lichter!

Dann habe ich hier interessante Beobachtungen in Sachen öffentliches Fußballschauen gemacht. Also, entweder man geht in ein ManU Pub. Oder man geht in ein City Pub. Oder, wenn nacheinander gespielt wird, geht man in ein Pub, sieht sich das Spiel an, verlässt das Pub um Platz zu machen für die anderen Fans und dann schauen die sich ihre Mannschaft an. Oder man geht in ein Lokal, wo beide Spiele gleichzeitig auf verschiedenen Bildschirmen übertragen werden. Nice!

Was gibt es in der Schule Neues? Ich spiele jetzt einmal die Woche mit ein paar Lehrern im Turnsaal Fußball. Am Anfang wurde ich gleich hart ran genommen, weil sie natürlich vermutet haben, dieser durchtrainierte, athletische Legionär kann einfach nur gut sein; daher muss er natürlich gleich mal ausgeschaltet werden. Ja, mit diesem Vorurteil hab ich schnell aufgeräumt…

Schultechnisch ist alles im Lot. Eine Lehrerin will mich im Sommer im Kasten einsperren, damit ich nicht nach Österreich zurückgehen kann. Ich denke, es war als Kompliment gemeint. Aber jetzt ist es zumindest schriftlich festgehalten und sollte ich im Juni noch nicht zuhause sein, dann bitte bei dieser Adresse die Schränke inspizieren: Hazel Street, Audenshaw, Manchester, M34 5NB. Auch die Deutschchefin hat mich gelobt, aber nur im Kreise der anderen Lehrkräfte. Wieso sollte sie es auch mir selber sagen. Am Ende will ich vielleicht gar nicht den Sommer im Kasten verbringen!
Dann wurde gestreikt. Einen Tag. Da mich das britische Beamtenpensionssystem nur marginal betrifft, war ich in der Schule, habe meine Stunde für diesen Tag abgesessen damit ich auch bezahlt werde. Und opportunistisch, wie ich einmal bin, bin ich dann natürlich zum Protestmarsch der Beamten in die Stadt gefahren: „Nicht mit uns!“

Ach ja, Unterrichten tue ich natürlich auch. Die ältere meiner beiden Mädels hat der Lehrerin sogar schon mitgeteilt, dass ich „nice“ bin und sie sich jetzt im Unterricht sehr wohl fühlt und weniger Angst beim Deutschsprechen hat. Strike! Die andere, naja. Ob das noch was wird. Die junge Dame entzieht einem mit ihrer Passivität, ihren geringen Deutschkenntnissen und den eeeeeewig langen Pausen bevor sie antwortet wahrlich jedes Mal ein Stück Lebensenergie. Man will dann natürlich ständig selber Antworten geben und muss sich zurückhalten, weil die Gute ja selber denken und reden soll. Also was macht der geschulte Pädagoge? Finger in den Oberschenkel krallen, gequältes Lächeln aufsetzen und sich in Gedanken vorstellen, wie man die Antwort mit einem nassen Handtuch aus ihr herausprügelt. In einer der letzten Stunden haben wir das Thema Umweltschutz besprochen und sind dann auch bei den öffentlichen Verkehrsmitteln gelandet. Blöderweise kannte sie weder die Wörter öffentlich, noch Verkehr noch Mittel. Also alles erklärt und dann augenzwinkernd hinzugefügt „Weißt du, welches Wort man im Deutschen interessanterweise noch mit Verkehr zusammensetzen kann?“ Tja, ich höre schon die entsetzten Schreie und kann mir die weit aufgerissenen Augen der lieben Leserschaft vorstellen. Er wird doch nicht wirklich. Beim Thema Umweltschutz?! In der Schule. Einer Minderjährigen. Neeeeeeeein!!! Doch.

http://www.youtube.com/watch?v=K8E_zMLCRNg

Dann nervöses Lachen von beiden Seiten. Und schnell so tun, als hätte man nichts gesagt. Vielleicht war das mit dem Kasten doch irgendwie anders gemeint…

Themenwechsel. Von mehr ein- als zweideutigen Anspielungen kommen wir jetzt zu schwangeren Zwölfjährigen. Ok, Moment. Alles der Reihe nach. Ich war mal wieder in London. Also im Hostel schnell den Rucksack mit Gewand und Toilettesachen abgegeben und dann zum Dungeon gesprintet. Man will ja nicht zu spät kommen und die anderen Leute warten lassen. Die anderen, das sind die überpünktliche Babsi B., die ebenfalls pünktliche Babsi H. Und die so was von unpünktlichen Katharina L. und Susi P. (Gerüchte besagen, dass ich Letztere von der Uni her kenne, aber ich kann mir halt nicht alle 4783 Studentinnen, die in Wien Englisch studieren, merken. Schon gar nicht jemand aus dem allerletzten Uni-Seminar überhaupt, das ich besucht habe. Und mit der ich dann auch noch ein Referat gemeinsam gehalten habe. Wenn ich so ein gutes Gedächtnis hätte, könnt ich ja zu „Wetten, dass“ gehen!!). Warum waren sie zu spät? Irgendwas von Flug aus Nordirland und quer durch London müssen und blabla… So, weiter im Text: Jetzt muss man zunächst einmal wissen, dass der Dungeon eine Touristenattraktion ist, wo einem ein schauerlicher Grusel eingejagt und man mit blutrünstigen, interaktiven Geschichten quasi psychisch gefoltert wird. Jetzt wäre das Warten an sich ja nicht ganz so schlimm gewesen. Da unsere kleine Gruppe noch nicht vollständig war, durften wir aber nicht einfach so rein gehen, sondern mussten zunächst draußen warten. Das Problem an der ganzen Sache war aber, dass ich die ganze Zeit über schon auf die Toilette musste. Und wer mich und meine Darmperistaltik kennt, weiß was echte Folter ist: eine Stunde lang „die Kinder nicht beim Pool abliefern“ zu können. Da wird doch glatt auf Mord, Grauen und Gruselgeschichten geschissen. DAS vergesse ich den beiden Damen nie! Im Dungeon selber wird im Vorfeld gewarnt, dass schwangere 12-jährige mit Herzproblemen eher nicht hineingehen sollten, weil es eben so furchterregend ist. Im Nachhinein würde ich sagen, dass zum Beispiel sowohl ein Hansi Hinterseer-Konzert als auch jede Nahaufnahme von Jeannine Schiller angsteinflößender ist. Ich habe jedenfalls keine einzige schwangere 12-jährige mit Herzproblemen kollabieren sehen. Es waren auch insgesamt wenige davon in London unterwegs, wenn ich ehrlich bin. Dann haben wir noch eine Runde mit dem London Eye gedreht, ich war noch mit anderen österreichischen Assistenten einen Christkindlmarkt besuchen und essen. Anschließend haben wir eine Geburtstagsparty gecrasht und den Abend in einem Club beendet, wo es 20er-Jahre Musik gespielt hat und aus riesigen Schüsseln Cocktails getrunken wurde. Am Sonntag war Madam Tussaud angesagt. Das war sehr nett und man hatte viel Spaß, das muss man wirklich sagen. Die Restpromille haben sicherlich das ihre dazu beigetragen. Weiters wurde noch ein nicht-existenter Christbaum vor dem Buckingham Palast gesucht und erledigt vom Schlafmangel und dem viele Herumlaufen sind wir dann in ein 2-stöckiges Pub essen gegangen. Dort hat uns ein überaus eifriger Kellner bedient und als wir Dummerchens zunächst einmal wissen wollten, was in einer bestimmten Nachspeise so drinnen ist, hat uns der gute Mann zurecht gewiesen und erklärt: „I am not the cook.“ Ja, darauf hätten wir natürlich auch selber kommen können, da er ja keine weiße Haube auf hatte. Unser Fehler. Anschließend hatten wir Glück, dass wir nicht auch noch rausgeworfen wurden. Impertinent und großkotzig wie ich bin, habe ich ihn gebeten, mir einen Kaffee zu bringen. Verständlicherweise hat mir der Kellner sofort klar gemacht, dass er das nicht tun kann, weil der doch im unteren Stockwerk gemacht wird. Irgendwie war dann aber doch mein Glückstag und er lies sich dazu herab, diese, einem Kellner eigentlich nicht geziemte Arbeit zu erledigen und mir einen Kaffee an den Tisch zu bringen. Ich glaube, die „Mitarbeiter des Monats“-Prämie ist ihm so gut wie sicher!

Am letzten Wochenende habe ich dann noch schnell das Nachtleben ausgekostet, der Caroline das Walzertanzen beigebracht, Palatschinken gemacht und grundsätzlich wenig geschlafen. Tja, das wäre es von mir gewesen von den ersten 3 Monaten in England, jetzt wird es Zeit zu packen und nach Hause zu reisen. In das oberlippen- und spanierlose, aber Tipp-Ex-reiche Land der funktionstüchtigen Badewannenstoppel, wo keine Stoffknappheit die Damen an den Rand einer Lungenentzündung bringt! In diesem Sinne wünscht euch Frau Swinger: Merry Xmas allerseits!

Montag, 28. November 2011

…die Badewanne und ich (Forts.)

Gerade noch auf Urlaub in London, schon wieder zurück in Manchester. Nach den ereignisreichen Tagen unterwegs, kam ich zurück und bin am Montag in meine neue Wohnung gezogen. In der ersten Woche habe ich diese dann gleich ausgiebig genutzt, speziell das Bett, weil ich ja zunächst mal kränklich war und am Mittwoch auch daheim geblieben bin.

Als ich angerufen habe, um zu sagen, dass ich nicht komme, habe ich sofort Verständnis von meiner Vorgesetzten bekommen:„Kein Problem, wenn du krank bist. Das verstehen wir natürlich. Kurier dich aus. Und es wär schön, wenn du morgen wieder da bist, weil du ja eh am Freitag frei hast…“ So ist das also mit dem Kranksein in England. Grundsätzlich gar kein Problem - solange man in die Arbeit kommt. Pflichtbewusst wie ich bin, habe ich mich daher am Donnerstag zur Abwechslung entschieden, nicht krank zu sein und bin in die Arbeit gefahren. Dort habe ich dann ein Formular mit Namen, Datum und Grund meines Fehlens ausfüllen müssen. Wer würde denn schon einem Arzt vertrauen, der irgendwelche unglaubwürdigen Krankenstandsbestätigungen ausstellt. Nein, hier ist alles viel strenger reglementiert und daher muss man sich, wenn man weniger als 6 Tage krank ist, selber eine Entschuldigung schreiben. Dies habe ich dann also getan und mit Indianerehrenwort geschworen, dass ich auch ganz ganz wirklich krank gewesen bin und dann war alles geritzt. Ja ja, so unmenschlich geht es hier zu.

Apropos Arzt: Als ich mir meine Nähte von den Muttermal-OPs, die ich noch in der Heimat schnell hinter mich gebracht habe, entfernen lassen habe, bin ich einfach in eine Walk-In-Klinik gegangen (also so was wie ein McDonald’s Drive-In, nur ohne Burger und McFlurry, aber mit Ärzten und Spritzen). Auch dort füllt man ein Formular aus, muss sich nicht großartig ausweisen, schon gar nichts bezahlen und 20 Minuten später ist auch schon alles wieder erledigt. Da sage noch einer, Österreich habe das beste Sozial- und Krankenversicherungssystem der Welt. Gratis heißt das Zauberwort! Werd mir jetzt, glaub ich, öfter mal was rausnehmen lassen. Blinddarm wäre ohnehin schon längst fällig…

…wo bin ich stehen geblieben? Ach ja, krank und Wohnung und so. Also, die Wohnung ist toll, das Wasser ist erst einmal ausgefallen und nach einem Monat gibt es jetzt auch Toaster und Wasserkocher. Es gibt keinen Fernseher, was aber in Ordnung ist. Was gibt es noch darüber zu berichten? Die Matratze. Hm. Die ist, wie soll man sagen….verdammt unbequem. Man spürt jede einzelne Metallfeder und was sonst noch da drinnen ist. Auf jeden Fall kommt man sich am Morgen vor, als hätte man auf einem überdimensionalen Grill gelegen. Lösung für dieses Problem ist jetzt mal vorübergehend (und das sind jetzt auch schon wieder 3 Wochen), dass ich meine absurd riesengroße Decke einfach gleichsam als Unterlage UND als Decke verwende. Das heißt, ich schlafe in einem halboffenen Schlafsack, wenn man so will. Funktioniert tadellos. Bei Gefahr kann ich natürlich nur in eine Richtung schnell flüchten, klar. Ich hoffe, mein Leben hängt nicht davon ab. Um das Problem zu beseitigen bin ich dann einfach zu Argos. „Geh zu Argos, da gibt es alles, was man an Möbeln und so weiter braucht.“ haben sie gesagt. Ich gehe also zu Argos und hab mir vorher im Internet schon alles angeschaut, damit es dann schneller geht. Ich geh rein und denk mir: „Hmm, irgendwas fehlt da….und ein bisschen schaut’s aus wie bei der Post….aber irgendwas geht mir ab…und es könnt auch ein McDonald’s sein…kruzifix, ich komm nicht drauf….aber warum sitzen die Leute herum und warten…irgendwie wie ein kleiner Handyramschladen. Ah, jetzt weiß ich was fehlt: Die Möbel!“ Das gute Argos ist nämlich quasi ein Lager und das Prozedere funktioniert so: man sucht einmal per Monitor raus, was man haben will; geht zum Schalter und holt sich einen Zettel; gibt den Zettel bei einem anderen Schalter ab und setzt sich hin; dann wartet man bis die eigene Nummer gerufen wird und schaut sich die Unterlagsdecke an; die ist zusammengerollt in einer Plastikverpackung, was es einem unmöglich macht zu erkennen, ob diese das Grillrost-Problem lösen würde, kauft eine Nachttischlampe um 3 Pfund und geht nach Hause.

Jetzt aber zu wichtigen Verbraucherhinweisen: Was ich bei der Auswahl der Wohnung gelernt habe, ist, dass man eine Wohnung immer mehrmals besichtigen sollte. Als ich am Abend hier war, herrschte Totenstille. Wenn ich jetzt am Freitag meinen freien Tag genießen will, werden all meine Tätigkeiten von ohrenbetäubendem Kindergeschrei begleitet. Gleich daneben ist eine Volksschule und scheinbar verbringen die Kids sowohl ihre Pause als auch den Turnunterricht als auch jede andere freie Minute im asphaltierten Pausenhof. Das ist zwar nett, wenn man sieht, wie sich Kinder in Spiderman-, Batman-, Rotkäppchen- und Prinzessinnenverkleidungen (keine Ahnung, ob das noch öfters vorkommen wird?!) gegenseitig quer über den Hof jagen, auf die Dauer wünscht man sich aber doch, dass England seinem Ruf gerecht wird und ein paar Regenschauer aufziehen. Nur für ein paar Stunden am Freitag Vormittag…

Meine Mitbewohnerin Caroline. Also, da habe ich wirklich Glück gehabt. Sie ist ausgesprochen nett, sehr pflegeleicht und redet wie ein Wasserfall. Wenn sie da ist, weil sie immer sehr beschäftigt ist mit Studieren, Arbeiten, im Chor singen, etc… Da sie Deutsch studiert, hilft sie mir auch gelegentlich, wenn ich eine meiner legendären Powerpointpräsentationen vorbereite.

Da sind wir ja gleich beim nächsten Thema: Schule. Die zwei Mädels, die ich in der Lower und Upper 6th form habe, sind beide in etwa so gesprächig wie ein Mönch mit Schweigegelübde. Ich stelle eine Frage und zumeist blicke ich dann in leere Gesichter, es wird nervös auf die Unterlippen gebissen und Sekunden erscheinen einem plötzlich wie Stunden.

http://www.youtube.com/watch?v=K8E_zMLCRNg

Man denkt sich, was ist denn los, spreche ich Chinesisch?! Mein Sprechtempo ist mittlerweile so langsam, dass ich, bis ich am Ende des Satzes angelangt bin, schon wieder vergessen habe, was ich eigentlich sagen wollte. Um die Situation ein bisschen zu entlasten, haben wir also zunächst einmal geklärt, dass man mir mitteilen muss: Frage nicht verstanden, weil zu schnell gesprochen. Frage nicht verstanden, weil die Wörter alle unbekannt sind. Frage verstanden, aber keine Ahnung, WAS man antworten soll. Oder: Frage verstanden, aber keine Ahnung, WIE man auf Deutsch antworten soll.

Aber schön langsam wird’s und auch die Burschen in den Unterstufen wissen mittlerweile etwas mehr, als dass Wien die Hauptstadt von Österreich ist. Strike! Unter die neuen Informationen fallen auch so elementare Dinge wie Schnitzel und Leberknödelsuppe. Der Anblick einer solchen löst bei den Engländern im ersten Moment Ekel aus. Wenn sie erfahren, was Leber übersetzt bedeutet, ändert sich das in der Regel eher nicht. Ich kann nur sagen, dass ich sowohl beim Herstellen als auch beim Vorführen jedes Mal einen derartigen Gusto auf Leberknödelsuppe und Schnitzel kriege….jetzt schon wieder!

Ansonsten bin ich, wie schon mal erwähnt, sehr erfolgreich bei meinen Versuchen den Burschen Deutsch beizubringen und mittlerweile sagen auch nur mehr ein Drittel bei der Begrüßung am Anfang „Guten Tag, Frau Swinger.“ Heikel wird es nur, wenn ich Spiele mache und die Belohnung sind Mozartkugeln. Länger wie die Spiele dauern, sind dann nämlich nur meine Erklärungen, was in den Mozartkugeln drinnen ist. Wegen Allergien und so. Und verklagen und so. „He killed my boy with Austrian chocolate!“

Wenn wir schon beim Verklagen sind (irgendwie kommt mir vor, ist mein Blog nicht mehr ganz so unbeschwert wie am Anfang des Aufenthalts…): Ich „helfe“ ja dem Dave, der Jugendbetreuer bei Manchester City ist, den 11-jährigen das Fußballspielen bei zu bringen. Mittlerweile passiert es aber immer öfter, dass ältere Mannschaften wichtiger sind und ich daher alleine auf die Jungs aufpassen muss. Dabei kann es schon des Öfteren zu sprachlichen Missverständnissen kommen, aber irgendein Bursche versteht meistens, was ich will und erklärt es dann den anderen. Beim ersten Training bleibt natürlich einer dann gleich mal verletzt am Boden liegen. Kein Grund zu Panik. Erstmal hin und schauen, was er so hat. Da fließt auch schon das Blut in Strömen aus einer Wunde neben dem Auge. OK, jetzt vielleicht doch ein bisschen Panik. Also schick ich den weinenden und blutenden Buben in Begleitung mit einem anderen zum Sekretariat in der leisen Hoffnung, dass vielleicht jemand da ist, der ihn verarzten kann. 10 Minuten später macht mich ein Junge darauf aufmerksam, dass der Vater des Buben auch schon gekommen ist. Na bumm, der wird mir jetzt die Leviten lesen. Ich sah mich schon wegen Verletzung der Aufsichtspflicht…. was heißt hier Aufsichtspflicht, ich dürfte ja wahrscheinlich gar nicht alleine mit den Burschen sein, waaaaaaah!!! Schon kommt der Vater zu mir und was sagt der Papa? „Darf mein Sohn morgen eh im Team spielen?“ Hui, schnell den Schweiß von der Stirn gewischt, ein nachdenkliches Gesicht aufgesetzt und dann mit ernster Miene: „Das entscheidet leider der Dave.“ Dann Trainingseinheit beendet und eine frische Unterhose angezogen. Beim nächsten Training war ich gleich wieder alleine, aber jetzt weiß ich ja, dass ich quasi unantastbar bin.

So und vor lauter Schulanekdoten hätte ich mich jetzt fast verplaudert und die Badewannengeschichte vergessen! Es begann alles am Abend des 5. November, wo die Engländer sich gern dran erinnern, dass vor Jahrhunderten mal fast ihr Parlament in die Luft gesprengt wurde. Und wie macht man so etwas pietätvoll? Ganz klar, mit Rummelplatz, Feuerwerk und Puppen, die auf Freudenfeuern verbrannt werden. Da ich aber eben zu der Zeit kränklich war, bin ich bald heim und denk mir, ein heißes Vollbad zur Entspannung ist jetzt genau das Richtige. Also entkleiden und Wasser einlassen. Da bemerkt der Michael, dass es gar keine Möglichkeit gibt, den Abfluss zu schließen. Und irgendwie klemmt auch dieser Drehmechanismus. Egal. Also erst mal nackt im Bad und in der ganzen Wohnung herumlaufen, weil irgendwo muss der Stöpsel ja sein. War er dann auch. Auf der Ablage neben der Badewanne. Wo sonst. Gut, jetzt aber. Wasser rein, hineinlegen und entspannen. Tut das gut. Nachdem ich relaxt und wieder aus der Wanne war, wollen wir doch den Stöpsel wieder rausnehmen. Ha, denkste. Wenn wir uns kurz erinnern: der Drehmechanismus, der das Ding in die Höhe schiebt, klemmt ja. Also, wie kriegen wir jetzt den Stöpsel wieder raus? Mit dem Fingernagel natürlich. Natürlich nicht. Mit einem Messer natürlich. Natürlich nicht. Gut, Strategiewechsel ist angesagt. Wie kriege ich 100 Liter Wasser aus einer Badewanne? Mit einem Kübel natürlich. Natürlich nicht. Ist nämlich weit und breit kein Kübel zu finden. Also einen mittelgroßen Kochtopf zur Hand und schöpfen und schöpfen und schöpfen… Dann bleibt natürlich immer noch ein Lackerl, das wird dann mit der Küchenrolle aufgetunkt und der Stöpsel dann MacGyver-mäßig mit einem Klebeband in die Höhe gehoben. Die Badewanne ist wieder leer, ich bin völlig verschwitzt, dazu noch genau das Gegenteil von entspannt und der Kochtopf riecht am nächsten Tag immer noch verdächtig nach Badewasser. Pssst, das bleibt aber unter uns, das muss die Caroline ja nicht erfahren, was ich in ihrer Abwesenheit so treibe…

Um diesen Eintrag jetzt doch noch mit einer netten Geschichte abzuschließen, die kein Blut, Killermozartkugeln, Foltermatratzen oder Badewannenabstrusitäten enthält, wenden wir uns noch schnell Weihnachten zu. Es ist ja bereits November, also hat man vor dem Rathaus mit Mordstrara die Weihnachtsbeleuchtung eingeschaltet. Es waren irgendwelche englischen B- bis D-Promis anwesend und am Ende gab es ein Feuerwerk. Und das, obwohl niemand das Parlament in die Luft sprengen wollte. Da verstehe einer noch die Welt….

Montag, 14. November 2011

Tipp-Ex, Gartenzäune, Lollipop-Männer, Spanier, Zwerge, die Badewanne und ich

Ich habe ja schon lange nichts mehr von mir hören lassen. Das hängt einerseits mit den Ferien zusammen, die ich nach den ersten drei, anstrengenden Wochen natürlich schwer verdient und mit Herumreisen ausgefüllt habe. Andererseits an einer mittelschweren Erkrankung, die mir die Laune am Blog schreiben etwas vermiest hat. Eine Deutschlehrerin meinte, ich hätte wohl die "man flu", also die Männergrippe, aber so wehleidig bin ich auch wieder….ok, vielleicht war es nur die "man flu". Aber Kopfweh hatte ich wirklich.

Egal, gehen wir vorerst mal zu angenehmeren Dingen. Geburtstagen. Fred, ein Französischassistent, hatte seinen 21. Ja, ich bin ein kleeeein wenig älter als der Rest hier. Aber es gibt ja noch Patricia, die 29-Jährige Spanierin. Die Worte „Oma“ und „Opa“ sollen schon ein-, zweimal gefallen sein. Tststs, die Jugend von heut, kein Respekt mehr vor dem Alter! Zurück zum Geburtstag. Als ein paar freche Einbrecher dem guten Fred aus seinem Auto in der Nobelgegend, wo sich seine Schule befindet, das Türschloss raus gebohrt hat, hat man bei der Gelegenheit auch gleich die Tasche mit all seinen Dokumenten, Ausweisen, Kreditkarten usw. entwendet. Also durfte der Fred seinen 21. Geburtstag nicht in einem Club feiern, weil man in solche meist nur mit Ausweis reinkommt. Aber es gibt in Manchester Gott sei Dank, ein oder zwei Ausweichmöglichkeiten. Später spielte es noch irgendwo „La Isla Bonita“, es gab Jägerbombs und der Abend war gerettet. Apropos Madonna: Madonna Mia, was es hier für Spanier gibt in Manchester. U-hu-hu-hunglaublich. Man kann nirgendwo hingehen, ohne dass man einer Horde Espagnols gegenübersteht. Kaum steht man von seinem Platz auf, um z.B. die Sanitäreinrichtungen zu besichtigen, schon hockt ein Pedro auf deinem Sessel. Sobald man sich länger als 5 Minuten mit einem Mädel unterhält, vielleicht sogar noch eine Spanierin, hat man schon einen Diego im Genick sitzen. Keine Ahnung, wo die alle herkommen. Ich bin aber überzeugt, dass im Moment ein guter Zeitpunkt für einen Spanienurlaub ist, da es quasi menschenleer sein muss, weil alle hier in Manchester sind.

Whatever. Jetzt ein bisschen Lokalkolorit. Wie man weiß, bin ich ja ein begnadeter Wäschewascher vor dem Herrn. Was das Reingeben in die Wäschetrommel betrifft (man beachte den Fachterminus), kann mir niemand Feinwäsche für Buntwäsche vormachen (jetzt wird’s unheimlich, gell?!). Interessanterweise funktioniert das Aufhängen der Wäsche zum Trocknen in England ein wenig anders wie bei uns. Hier benutzt man keine handelsüblichen Wäschespinnen oder -ständer, sondern einen kleinen Teil des Gartenzauns, den man abmontiert und zweckentfremdet. Woher man diesen bekommt, wenn man z.B. keinen Garten hat, weiß ich nicht.

Hier das Foto zum Beweis, sonst heißt es wieder, das stimmt ja alles gar nicht und die Engländer benutzen doch einen Wäscheständer statt einem Holzzaun und in Spanien sind eh noch Spanier.

Dann habe ich vor kurzem einen schweren Fehler und mir dabei einen gefährlichen Feind gemacht: den Lollipop-Mann! Das ist der gute Mensch, der dafür sorgt, dass die Schüler beim Überqueren der Straße nicht von Autos überfahren werden. Folgendes Szenario: Ich steige am späten Vormittag aus dem Bus. Der Lollipop-Mann sieht mich und nickt wissend. Ich nicke wissend zurück. Der Lollipop-Mann geht in Richtung Straßenmitte und beginnt seine Riesenstange mit dem Stop-Zeichen in die Höhe zu heben. In diesem Augenblick betrete ich die Fahrbahn und kreuze die Straße. In der Mitte angekommen, wirft mir der Lollipop-Mann einen giftigen Blick zu und sagt:„Don’t cross until I am in the middle of the street!“ Ich verlasse schnell den Ort des Geschehens und irgendwie kommt mir jetzt immer wieder der Gedanke beim Überqueren der Straße, dass der Lollipop-Mann vielleicht einmal ganz „versehentlich“ den Verkehr doch nicht vollständig für mich aufhalten wird….

… ob eine Packung Mozartkugeln, dass vielleicht wieder gerade biegen kann?

Sprechen wir doch wieder davon, warum ich eigentlich hier bin! Nein, nicht Fortgehen und Bier trinken. Also, gut, ja. Das ist ein wichtiger Grund. Aber davon ein anderes Mal mehr. Jetzt mal Schule. Wie ich schon erwähnt habe, sind die Lehrerinnen alle sehr freundlich zu mir. Umso mehr überrascht hat mich folgende Begebenheit: in meiner wahnsinnigen Kreativität wollte ich bei der Vorbereitung auf die Stunde mit einer Schülerin bei

einem Cartoon den Text austippexen (so heißt das Verb, ich muss es wissen, ich unterrichte hier Deutsch). Also frage ich meine Chefin, ob sie mir ihr Tipp-Ex kurz borgen kann. Was ich natürlich nicht wissen kann, ist, dass in England zurzeit die größte Korrekturflüssigkeits-Knappheit seit der großen Tintenkiller-Krise 1987 herrscht. Die Lehrerin nimmt also ihr Tipp-Ex aus ihrem Federpennal, dreht es 3-mal in ihrer Hand hin und her und lässt mich dann, während sie es wieder zurücklegt, wissen, dass dies ihres ist und ich mir selber eines kaufen soll. Tja Freunde, so kann ich das englische Bildungssystem natürlich nicht retten!

Eine weitere Skurrilität betraf meinen Einsatz in einer Klasse, welche erst seit kurzem Deutsch lernt und die Burschen daher nur die Du-Form beherrschen. Die Lehrerin hat dann meine Chefin vom Department gefragt, ob die Schüler die 5 bisher gelernten Fragen an mich stellen dürfen. Die Antwort darauf war natürlich „Nein“, weil ich dann beleidigt sein würde, wenn man mich nicht mit „Sie“ anspricht. Mein Ruf als Wahrer der Etikette und der guten Manieren ist mir wieder mal vorausgeeilt. Wir haben es dann natürlich trotzdem gemacht, weil ich einfach eine coole Socke bin. Respect und peace out!

So, jetzt wieder zur Freizeit. Wie bereits erwähnt, waren dann schon mal wieder Ferien. Also sind Fred, der besagte Franzose, Patricia, die erwähnte Oma, und ich in Richtung Ostküste gefahren. Ein weiterer, ständiger Begleiter auf der Reise war Fred’s Zwerg. Etwas schweigsam der Bursche, aber sehr umgänglich und flexibel und war bei jedem Spaß dabei. Ziel der Reise war Newcastle. Von dort haben wir dann Ausflüge in alle Himmelsrichtungen unternommen. Um das ganze ein bisschen abzukürzen, hier eine absolut unvollständige Aufzählung der Highlights Ostenglands:

Die Molkerei, welche den Lieblingskäse von Wallace & Gromit herstellen. Da haben wir doch gleich mal 25 Sorten Käse gratis verkostet.

Das Schloss, wo Harry Potter im Film fliegen lernt und jetzt unzählige Kinder dasselbe versuchen. Wie ich gehört habe, meist ohne Erfolg.

Die Stadt, wo ein Großteil der Handlung von Dracula spielt. Nein, wir waren nicht in Transsylvanien; Whitby heißt die hübsche Küstenstadt.


Was gibt es sonst noch über den Trip zu berichten? Also ich weiß, dass viele jetzt neidisch sein werden, aber wir haben doch tatsächlich - bitte festhalten - und auch eher zufällig sogar - Trommelwirbel - den Wasserfall besucht, in dem Kevin Costner in „Robin Hood“ nackt gebadet hat. Wahnsinn, oder?! Und als ob das nicht schon genügen würde, um in völlige Ekstase zu verfallen, ist das auch noch der höchste ununterbrochene Wasserfall Englands mit - festhalten - über 30 Metern. Irre, ich weiß. Mhm, der dreckige Rinnsal rechts ist besagter Wasserfall.

Was war sonst noch… im Auto wurde viel „Sound of Music“ gesungen, mein Hinterteil war oftmaliges Gesprächsthema und mein neuer Spitzname ist jetzt Kiko. Der Grund hierfür ist recht einfach. Ich sehe einfach einem Charakter aus einer mexikanischen Sketch-Show ähnlich. Natürlich. Wie könnte es anders sein.

Den zweiten Teil der Ferien habe ich dann mit Schwesterherz, Schwagerlein und Lieblingnichte beim Extreme-Sightseeing verbracht. Rauf, runter, rein, raus, Norden, Osten, Süden, Westen. Aaaaalles gesehen! Abends war dann im einem Pub in London - dem Sherlock Holmes - mit österreichischen Assistenten Ausgehen angesagt bzw. Halloween in einem Club. Ein seeeehr anstrengendes Wochenende, welches dann auch seinen gesundheitlichen Tribut gefordert hat, wie ja schon am Anfang erwähnt. Davon aber das nächste Mal mehr....



...und jetzt habe ich ja noch gar nicht die Geschichte mit der Badewanne erzählt….Tja, mehr, wenn ihr mich wieder seht! Ihr müsst unbedingt gucken, wie’s weitergeht!

Donnerstag, 20. Oktober 2011

There's something in the water...

Wenn man sich in Manchester ein schönes Glas Leitungswasser einschenkt und dann genüsslich trinkt, kommt man sich vor, als würde man gerade in einem Hallenbad das Becken ausschlürfen. Ich nehme an aus hygienischen Gründen wird nämlich Chlor zugemischt und daher benutze ich den Teekocher zwar nicht zum Tee machen, aber ich bilde mir ein, dass das Erhitzen erstens den Geschmack wieder etwas neutralisiert und gleichzeitig ist es ja auch praktisch sich von innen zu wärmen, da es auch im Haus bereits merklich abgekühlt hat. Und das, obwohl die englischen Häuser so gut gebaut und isoliert sind. Mit Ziegeln und, ja, Ziegeln.

Apropos Wasser. England-Tip #1: Wenn man in Großbritannien am Bürgersteig entlang geht, muss man stets eines beachten: Immer schön weit weg von der Straße bleiben! Nicht weil die so gefährlich nah dran vorbei fahren. Nein, nein. Aber da es hier ja gelegentlich regnet, wird man da schon mal fest von durch eine Pfütze fahrenden Bussen etwas nass gespritzt. True story.

Am Wochenende waren wir dann erstmals so richtig weg. Es gibt ein Pub mitten in der Stadt, wo es zwar so gut wie keine Sitzplätze drinnen gibt, dafür kann man aber im Schanigarten bei mäßig warmen Wetter ein Pint Bier um £1,80 genießen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich nicht einen Hauch von Chlor dabei schmecke…naaa, englisches Bier schmeckt einfach grundsätzlich etwas fad. Aber man gewöhnt sich ja an alles, da muss ich halt durch. Anschließend waren wir in einem Club, wo in einem Raum die 20-Jährigen zu Rihanna und Was-weiß-ich-Hip-Hop-Neuentdeckung tanzt und im Nebenraum sind ca. 45-Jährige, die auf einer Tanzfläche, die in bunten Farben blinkt, zu Rick Astley und John Travolta abrocken. Ich sage, nicht, wo ich hauptsächlich war, aber hier mal ein nettes Video:

http://www.youtube.com/watch?v=dQw4w9WgXcQ

(zum Glück konnte ich die Astley Dance Moves noch!)

Jetzt aber genug gespaßt. Es wird hier ja auch gearbeitet. Zum Beispiel beim Pub Quiz. Immer wieder eine tolle Sache. Wenn man die Antworten weiß. Da waren wir also: Ein Deutscher, eine Französin, eine Spanierin und ein Österreicher. Und versuchten Bilder von englischen Kindersendungen zu erraten. Es wurde natürlich mit der Zeit auch einfacher: es gab auch Fragen zu einer Segelregatta in Schottland und Brot aus Wales. Jedenfalls, Ergebnis dieses Abends: phänomenaler vorletzter Platz. Scheinbar gab es auch Engländer, die noch weniger wussten oder zu betrunken waren, um die Fragen richtig hinzuschreiben. Auf dieses spärliche Ergebnis hinauf bin ich 2 Tage später in den Vorort Stockport gefahren, wo ich mit insgesamt 15 Teaching Assistants bei einem Pub Quiz teilgenommen habe. Ergebnis: Tataaa! Wieder Vorletzter…tja, wenn viele nichts wissen, erhöht das scheinbar auch nicht die Gewinnchancen - wer hätte das gedacht. Aber ich bleibe dran!

Was gibt es noch zu berichten…die Musikszene in Manchester ist sehr lebendig und es gibt keinen Abend, an dem nicht die verschiedensten kleinen, mittleren und großen Konzerte stattfinden. Also waren Arne, Aurelie und ich im Deaf Institute/Trof Cafe, wo die schottische Band „We Were Promised Jetpacks“ um £7 gespielt haben. Arne und ich haben uns gleich eine Membership Card um £4 geholt, weil dann spart man 40 Pence pro Bier. Na, wenn das Geld nicht in kürzester Zeit wieder herinnen ist…

Dann gab es noch ein Seminar für alle deutschsprachigen Teaching Assistanta aus Nordwestengland im Goethe-Institut in Manchester. Das war hoch interessant. Also jetzt nicht so wegen der Vorträge, die waren großteils langweilig, aber alles andere rundherum war recht spaßig. Das Institut muss nämlich in ein paar Wochen aus dem Zentrum irgendwo anders hin übersiedeln und es gab nur mehr wenig Einrichtung, das Büffet bestand aus Wasser, Saft und Aldi-Keksen und dergleichen. Eine Wanduhr musste noch mal schnell aus den Umzugskartons ausgepackt werden und auch sonst war ein bissl Weltuntergangsstimmung. Es konnten auch gratis Bücher mitgenommen werden. 100 Jahre alte Ausgaben von deutschen Klassikern ebenso wie Bücher, von denen ich noch nie im Leben gehört habe. Man hatte ein wenig den Eindruck, dass sie einfach nicht mehr den ganzen Krempel in den neuen Standort mitnehmen und uns daher die Restl andrehen wollten. Wir haben dann auch gleich erfahren, warum es dem Goethe-Institut so schlecht geht: Schuld daran ist die deutsche Wiedervereinigung. Seit dem Mauerfall ist kein Geld mehr dafür da. Tja, Wahnsinn. Da hilft wohl nur die Mauer wieder aufzubauen. Dann steigt das Interesse an Deutsch in Manchester sicher wieder und die müssen sich keine Sorgen um ihren Job machen, auch wenn sie schlechte Vorträge, lausige Büffets und billigen Ramsch anbieten. So eine Mauer kann ja wohl nicht zuviel verlangt sein…

Dann habe ich mir noch am Samstag das mäßige Spiel Liverpool gegen ManU in einem Pub angesehen, weil Phil keinen Fernseher hat. Dort habe ich einen Burschen aus Manchester kennen gelernt, der mich zum Fußball spielen am Wochenende und einen Nordiren, der mich zum Weggehen eingeladen hat. Mal sehen, ob das was wird. Eines steht aber fest: Wenn man sich ein Match in einem Pub ansieht, muss man ziemlich trinkfest sein, da es schon um 1 Uhr nachmittags beginnt. Wenn man aber erst um 10 Uhr aufsteht und dann Toast und Müsli frühstückt, dann spürt man die 4 Bierchen doch ein wenig!

Eine Entscheidung betreffend meiner Wohnsituation ist jetzt auch gefallen: Ich ziehe Anfang des nächsten Monats bei einer englischen Deutschstudentin ein. WG-Feeling kommt wieder auf. Mal sehen, wie das so wird mit der Caroline aus England…

Sonntag, 9. Oktober 2011

Was gibt es Neues?

Nun, da wäre mal die erste Arbeitswoche. Ich muss grundsätzlich einmal um 6:10 Uhr aufstehen, verlasse das Haus um 6:45 Uhr und bin dann kurz nach 8:00 Uhr in Schule. Audenshaw ist also quasi nur einen Steinwurf von meiner jetzigen Wohnung entfernt. Man muss ihn halt sehr, sehr, sehr weit werfen. Man gewöhnt sich aber an alles, hat ja auch einen netten Ausblick von den Doppeldeckerbussen, kann lesen oder sich mit Vladimir unterhalten. Wie man schon vom Namen schließen kann, ist er der Französischassistent an meiner Schule, 21 Jahre alt und sehr nett.

In der ersten Woche wurden wir herumgeführt, einigen Leuten vorgestellt und haben versucht einige administrative Dinge zu klären. Die Lehrerinnen im Deutschdepartment sind alle nett und haben alle Pläne, was sie von mir in der nächsten Zeit wollen. Das heißt, es wird auf jeden Fall einiges zu tun geben. Ob alles sehr interessant und spannend wird, wage ich eher zu bezweifeln, aber mal sehen.

Hier rechts sieht man übrigens die Personifikation von smart-casual. Der Teaching Assistant von Welt trägt Hemd und eine schöne Hose. Die Krawatte sagt "Ich bin wichtig, daher trage ich eine Krawatte". Das Sakko unterstreicht das, was die Krawatte sagt. Hemd und Hose sprechen nicht so viel.

Ich habe mich in dieser Woche vermutlich 15-mal in den einzelnen Klassen vorgestellt und die Kids haben mich zuerst alles auf Deutsch gefragt, was sie schon gelernt haben: „Wie ist dein Name?“ „Wie schreibt man das?“ „Wann hast du Geburtstag?“ (Ich denke, sie wollen mir alle etwas schenken, richtig?!) „Was sind deine Hobbies?“ „Was ist deine Lieblingsfußballmannschaft?“ Dies ist natürlich eine knifflige Frage und die Antwort führt zwangsläufig zur selben Reaktion. Sagt man „Manchester City“ werden 49% der Hände jubelnd in die Höhe gerissen und es wird freudig gejohlt, während die restlichen 49% in ein „Buh“-Konzert einstimmen und bereits anfangen zu planen, wie sie mich am besten in einen Hinterhalt locken können um mir eine ordentliche Tracht Prügel zu verpassen. Sagt man „Manchester United“, dann ist es natürlich genau umgekehrt, man kann den hasserfüllten Blicken und drohenden Fäusten also nicht entgehen. Klassische Lose-Lose Situation. Die restlichen 2% sagen, sie interessieren sich eher für Rugby und werden vermutlich von allen verprügelt. Andere Fragen drehten sich um jede weitere erdenkliche Sportart, um mögliche girlfriends, ob es in Österreich McDonald’s gibt und ob die dort dasselbe verkaufen wie in England. Oder sie wollten wissen, ob ich einen Wohnwagen habe und ob ich Türen besitze. Das Vokabular ist scheinbar etwas begrenzt, das Interesse an Türen etwas unverständlich.

Vladimir geht es da nicht besser. Der muss ständig erklären, warum er Schnecken isst und was die Hauptstadt von Finnland ist. Wie gesagt, man fragt halt, was man gelernt hat.

Was kann man nach einer Woche noch über die Schule sagen….also Disziplin wird auf jeden Fall groß geschrieben. Die Hemden der Schuluniformen müssen immer eingestrickt werden, die Krawatte gut gebunden und der oberste Knopf zu sein. Es ist grundsätzlich sehr leise im Unterricht, wenn man bedenkt, dass es schon mal 25 Buben im Alter zwischen 11 und 18 Jahre sein können. Ansonsten wird schnell mal ermahnt, mit einem Verschlechtern der Noten oder Nachsitzen gedroht. Da ist es dann schnell mal mucksmäuschenstill im Klassenzimmer. Nachsitzen kann dann schon mal heißen, dass man 100-mal „Ich darf nicht tratschen.“schreiben muss. Am Montag war ich auch sehr überrascht, als ich einen Junge sah, der vor dem Lehrerzimmer ganz angestrengt die Wand anstarrte. Nachdem ich nichts gesehen habe, hab ich ihn dann mal stehen lassen. Da dies dann doch öfters vorkam, wurde mir erst klar, dass das eine Bestrafung ist. Das alles ist zwar nicht mein Stil, aber ich muss sagen, an das ständige „Sir“ (von einem Kopfnicken begleitet) und „Guten Tag, Herr Zwinger“ im Haus kann ich mich, glaube ich, gewöhnen. Auch das Privileg in der Cafeteria sich vordrängen zu dürfen ist nicht gerade unangenehm. Dort gibt es dann meist 2 Hauptspeisen um 2 Pfund und einige andere warme oder kalte Dinge zu kaufen. Sehr praktisch.

Ansonsten habe ich mir wieder etliche Wohnungen angesehen und es sind zwei, drei interessante dabei gewesen. Ich hoffe, dass ich bis Ende nächster Woche eine fixe Bleibe gefunden habe. Dann hat mich 02 bei meinem Handyvertrag beschissen, was zu meinem sofortigen Wechsel zu Lebara geführt hat. Während ich das getan habe, habe ich inzwischen mit angesehen, wie ein alter Mann von einem Doppeldeckerbus angefahren wurde. Es hat dann etwa 20 Minuten gedauert, bis die Rettung gekommen ist. Wahrscheinlich war man sich nicht sicher, ob es sich noch auszahlt. Am interessantesten war aber der Versuch ein Bankkonto zu eröffnen. Kim, eine Deutschlehrerin, hat mich zu HSBC gebracht. Die wollten aber eine andere Bestätigung meiner Wohnadresse in Englang. Phil hat mir einen hübschen einseitigen Mietvertrag geschrieben mit allen relevanten Infos, aber das war ihnen irgendwie zu wenig. Oder die Schule schwört eben bei allem was ihnen heilig ist, dass ich bei Phil wohne. Hatte ich jetzt aber auch nicht zur Hand. Ich hätte ihnen auch meinen österreichischen Meldezettel geben können. Macht natürlich Sinn, in England. Da ich den nicht hatte, bin ich zur Royal Bank of Scotland. Da wurden mal ruckzuck alle Daten eingeben, aber dann hieß es doch, man wolle einen richtigen Mietvertrag. Ja, DAS kann man aber von Phil wohl nicht erwarten. Der hat ja nur Jus studiert und als Anwalt und Immobilienmakler gearbeitet. Der hat natürlich keine Ahnung wie ein „richtiger“ Mietvertrag aussehen muss. Also zur nächsten Bank. Da hatte ich nun, da ich ja schon klüger war, meine Bestätigung von der Schule mit, dass ich eh bei Phil wohne. Leider wollten die bei Barclays aber dann entweder eine Stromrechnung von mir mit meinem Namen und Adresse drauf (aber ich zahle natürlich keine Rechnungen, das macht ja unverständlicherweise mein Vermieter Phil). Oder meine englische Sozialversicherungskarte. Weil die Versicherung weiß natürlich viel besser, ob ich bei Phil wohne. Logisch. Zu guter Letzt bin ich dann zu Lloyds und die waren fahrlässigerweise mit Reisepass und Schulbestätigung zufrieden. So öffnet man subversiven Kräfte, Anarchisten und Terroristen natürlich Tür und Tor. Wenn die wüssten, wem sie da ein Konto gegeben haben, die werden sich noch wundern, was ich da für Schundluder mit dem Konto treibe. Einzahlen, überweisen, abheben…Muuuahahaha!

Wettertechnisch hat sich einiges geändert. Waren die ersten Tage von wolkenlosem Himmel und strahlendem Sonnenschein gekennzeichnet, so wechseln sich jetzt Regen, Regen und gelegentlich Regen ab. Aber hauptsächlich Regen. Man kann da natürlich verstehen, dass sich die guten Menschen hier alle sehr luftig und leicht anziehen, wenn es mal ein paar Sonnenstunden gibt. Und wir kennen ja alle auch die hübschen verbrannten Bäuche der englischen Männer in den südlichen Badeorten. Woher soll ein englischer Bauch denn soviel Sonne gewöhnt sein? Aber von der britischen Mode sprechen wir ein anderes Mal. So, jetzt ab ins Bett und hoffen, dass es morgen nur ganz wenig regnet.







Ob's wohl bald wieder regnet? ............................................... ........ Na sicher!

Sonntag, 2. Oktober 2011


Jetzt geht's los! Es ist soweit. Ich bin in Ausland. Wieder mal. Zwar keine weit entfernte Galaxie, aber doch ist vieles anders…

Ich bin also seit Mittwoch in Manchester und habe bei Phil, einem Freund von David, welcher wiederum ein Französischlehrer an meiner Schule ist, Unterschlupf gefunden, bis ich eine endgültige Bleibe gefunden habe. Ich wurde auch von David am Flughafen abholt, direkt zur Wohnung gebracht und habe dann noch 2 Bier und Tee getrunken. Mit Milch versteht sich. Also der Tee. Man bekommt es auch ständig angeboten, zu jeder Tages- und Nachtzeit, als wäre das etwas furchtbar Tolles. Hallo?! Ist ja bloß heißes Wasser, Tee und Milch drinnen. Naja, zumindest weckt es bei mir aufgrund der Milch nicht meine „Ich trinke Tee nur, wenn ich krank bin“-Assoziation.

David ist überhaupt sehr nett und hilfsbereit und auch Phil steckt es wirklich gut weg, dass er jetzt einen Mitbewohner hat. Ich habe ihm auch schon geholfen, ein paar Möbel aus einer anderen Wohnung weg zu schaffen. Ich hoffe, er ist tatsächlich Immobilienmakler und nicht professioneller Einbrecher! Das ist übrigens Luke oder auch Teddy. Auf jeden Fall ist er auch ein netter und ruhiger Mitbewohner in unserer Männer-WG.

Dann habe ich bereits geschätzte 27 FremdsprachenassistentInnen kennengelernt, wobei außer Arne aus Münster und mir scheinbar niemand in Manchester Deutsch unterrichten wird. Irgendwie nicht so beliebt unsere Sprache, scheint’s. Dafür gibt es tausende Französinnen und Franzosen und mindestens genau soviel SpanierInnen hier in der Stadt. Olala, que pasa? Na, vielleicht verbesser ich hier ja alle meine Fremdsprachenkenntnisse. Mit dem Englisch sprechen klappt’s eigentlich ganz gut. Das Verstehen ist etwas schwieriger, da der hiesige Akzent doch gewöhnungsbedürftig ist. „Pardon?“ ist bis jetzt wahrscheinlich das am häufigsten gebrauchte Wort.

Wettertechnisch habe ich es sehr gut erwischt. Es war von Mittwoch bis einschließlich Samstagabend warm bis fast heiß bei Tageshöchstwerten um die 25 Grad. Laut den Einheimischen war das (spät, aber doch) der Sommer. Er hat von Mittwoch 11:17 Uhr bis Samstag 23:19 Uhr gedauert und war sehr schön. Ab jetzt beginnt die andere, die längere Jahreszeit, welche von Wolken, Regen und Kälte geprägt sein soll. Ich glaube, diese Jahreszeit heißt „Sauwetter“. Mal sehen.

Bis jetzt kann ich nichts Negatives über die Britinnen und Briten sagen, ich habe auch schon einige Prominente gesehen. Also, Britpopper wie Noel Gallagher sind mir schon sechs-, siebenmal begegnet, Wayne Rooney hab ich sicher schon neunmal gesehen und Camilla geht, glaub ich, auch viel in Manchester spazieren.

So, genug der Klischees, jetzt noch ein Kurzbericht meiner Wohnungsbesichtigungstour der ersten Tage. Also, einerseits bin ich natürlich sehr verwöhnt, da Phil’s Haus wirklich traumhaft schön ist. Andererseits muss man aber wirklich sagen, dass die meisten Häuser, welche von irgendwelchen dubiosen Landlords oder Agenturen geführt werden, grundsätzlich zum Fürchten aussehen, stinken und extrem ungemütlich sind. Zum Glück muss ich mich nicht sofort zwischen all diesen grässlichen Wohnungen entscheiden, da ich noch gut und gerne 2 Wochen hier bleiben darf. Ein weiteres Problem ist die Lage der Wohnung. Da die Schule ja circa 7 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt ist, bin ich ja auf die Öffis angewiesen. Jetzt könnte man natürlich denken, dass ein Gesamtdistanz von sagen wir 10 Kilometern in etwa einer Stunde bewältigbar sein sollte. Nun, gestern bin ich 11 Uhr abends in den Bus eingestiegen und habe für 8 Kilometer "ruckzuck" 1 Stunde gebraucht. Der Grund für diese Langsamkeit liegt einerseits darin, dass man beim Einsteigen entweder seinen Fahrausweis herzeigt oder ein Ticket kauft. Wenn man sich nun vorstellt, dass pro Station 10 Personen zusteigen und ein Ticket kaufen und die blöden einzelnen Pennies abzählen, kann man sich vorstellen, wie hoch mein durchschnittlicher Augenroll- und Fluchausstoßfaktor ist. Dazu kommt, dass es geschätzte 7 verschiedene Busunternehmen gibt (es gelten selbstverständlich nicht alle Tagestickets in allen Bussen), welche sich bei den Stationen gegenseitig im Weg herumstehen. Außerdem sollen die Busse angeblich bei Regenwetter grundsätzlich noch langsamer vorankommen. Gut, dass es in England so gut wie nie regnet.

So, das wär’s fürs erste. Ich hoffe, ich komme dazu, den Blog regelmäßig upzudaten und mit neuen Fotos und interessanten Details zu schmücken, wie zum Beispiel diesem: ein Pint Bier bekommt man nämlich schon mal um unter 2 Pfund gezapft und das lässt einen ja den ganzen Busunsinn schon fast wieder vergessen! Cheers!

Apropos Cheers! Die Engländer sagen nämlich scheinbar statt „Danke“ immer „Cheers“. Mal sehen, ob sie beim Zuprosten dann vielleicht „Thank you“ sagen….